Hornhautdystrophie
von altgriechisch: δυστροφία: δύς ("dys-") - schlecht, falsch, fehl und τροφία ("trophía") - Wachstum, Ernährung
Synonyme: Corneadystrophie, Dystrophie der Hornhaut
Englisch: corneal dystrophy
Definition
Hornhautdystrophien, kurz HD, sind eine heterogene Gruppe genetisch bedingter Hornhauterkrankungen, die durch eine fortschreitende, meistens bilaterale Trübung der Hornhaut gekennzeichnet sind. In der Regel bleiben sie auf die Hornhaut beschränkt.
Geschichte
Der Begriff wurde erstmals im Jahr 1890 durch den deutschen Augenarzt Arthur Groenouw verwendet.
Einteilung
Abhängig von der vorwiegend betroffenen anatomischen Lokalisation lassen sich Hornhautdystrophien nach dem IC3D-Klassifizierungssystems wie folgt einteilen:
- Epitheliale und subepitheliale Dystrophien:
- Dystrophien der Bowman-Membran:
- Reis-Bücklers-Hornhautdystrophie (RBCD, Granuläre Hornhautdystrophie Typ III)
- Thiel-Behnke-Hornhautdystrophie (TBCD)
- Gittrige Hornhautdystrophien (LCD) – Typ 1 Varianten (III, IIIA, I/IIIA, IV)
- Granuläre Hornhautdystrophie Typ 1 (GCD1, Groenouw I, klassische Form)
- Granuläre Hornhautdystrophie Typ 2 (GCD2, Avellino-Dystrophie)
- Dystrophien des Stromas und der Descemet-Membran:
- Makuläre Hornhautdystrophie (MCD, Groenouw II, Fehr-Syndrom)
- Schnyder-Hornhautdystrophie (SCD)
- Kongenitale stromale Hornhautdystrophie (CSCD)
- Fleckchen-Hornhautdystrophie (FCD)
- Posteriore amorphe Hornhautdystrophie (PACD)
- Zentral-wolkenförmige Hornhautdystrophie-François (CCDF)
- Prä-Descemet-Hornhautdystrophie (PDCD)
- Endotheliale Dystrophien:
- Fuchs-Endotheldystrophie (FECD)
- Hintere polymorphe Hornhautdystrophie (PPCD)
- Kongenitale hereditäre Endotheldystrophie (CHED, vormals CHED1+ 2)
- X-gebundene Endothel-Hornhautdystrophie (XECD)
Epidemiologie
Da es sich bei Hornhautdystrophien um eine heterogene Gruppe von Erkrankungen handelt, ist ihre Prävalenz unterschiedlich. Insgesamt sind diese Krankheiten aber selten.
Ätiologie
Auslöser für Hornhautdystrophien sind Mutationen, die verschiedene Gene betreffen können. Sie werden, je nach genetischer Ursache, autosomal-dominant, autosomal-rezessiv oder X-chromosomal-rezessiv vererbt.
Genetik
Bislang (2023) wurden unter anderem Mutationen in folgenden Genen mit Hornhautdystrophien in Verbindung gebracht:
Mutiertes Gen | Betroffenes Protein |
---|---|
CHST6 | Carbohydrate-Sulfotransferase 6 |
KRT3 | Keratin 3 |
KRT12 | Keratin 12 |
PIP5K3 | Phosphatidylinositol-5-Kinase, Typ III |
SLC4A11 | Sodium bicarbonate transporter-like protein |
TACSTD2 | Tumor-associated calcium signal transducer 2 |
TGFBI | Transforming growth factor, beta-induced |
UBIAD1 | UbiA prenyltransferase domain-containing protein 1 |
TCF4 | Transkriptionsfaktor 4 |
COL8A2 | Collagen VIII, Alpha-2 Polypeptid |
Klinik
Hornhautdystrophien sind durch folgende Symptome gekennzeichnet:
- Kristalline Erscheinung der Hornhaut
- Grauweiße Linien, Kreise oder Trübungen der Hornhaut
- Potenziell progrediente Sehverschlechterung: Diese kann je nach Dystrophietyp und Patientenalter variieren (von asymptomatisch bis hin zur starken Verschlechterung)
Diagnostik
Für die Diagnose einer Hornhautdystrophie werden u.a. folgende Untersuchungsmethoden eingesetzt:
Darüber hinaus können histopathologische Analysen durchgeführt werden. Zudem kann eine Familienanamnese sinnvoll sein. Die Diagnose wird, wenn möglich, durch den molekulargenetischen Nachweis der auslösenden Mutation gesichert.
Differentialdiagnosen
Von Hornhautdystrophien abzugrenzen sind Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik. Mögliche Differentialdiagnosen sind:
Therapie
Eine ursächliche Behandlung der Hornhautdystrophien ist bisher (2023) nicht möglich. Die Therapie richtet sich nach der Art der Dystrophie. Einige werden pharmakologisch mit Augentropfen und Salben behandelt. Zudem sind chirurgische Eingriffe zur Verbesserung des Sehvermögens möglich.
Bei asymptomatischen Patienten ist keine Therapie notwendig.
Trivia
Früher wurden Trübungen unterschiedlicher Form im tiefen Hornhautstroma aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit Kreisen, Linien, Fäden und Mehl als tiefe filiforme Dystrophie oder "Cornea farinata" (farina) bezeichnet.
Quellen
- Orphanet; Hornhautdystrophie; abgerufen am 07.07.2023
- Weiss JS et al. IC3D-Klassifikation von Hornhautdystrophien
- Blinden- und Sehbehindertenverband Wien, Niederösterreich und Burgenland; Kapitel 2: Hornhautdystropien; abgerufen am 07.07.2023
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