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Harnblase (Fleischfresser)

Synonym: Vesica urinaria, Blase
Englisch: urinary bladder

1. Definition

Die Harnblase, kurz auch Blase, der Fleischfresser ist ein Hohlorgan, das der Sammlung und Zwischenspeicherung des kontinuierlich zugeführten Harns dient.

2. Hintergrund

Die Harnblase speichert den Harn zeitlich begrenzt, um ihn infolge bestimmter Verhaltensmuster entweder vollständig oder partiell zu entleeren. Hierbei treten tierartlich verschiedene Markierungsmuster auf, die sowohl zur Revier- als auch zur sexuellen Aktivitätsmarkierung dienen.

3. Anatomie

3.1. Morphologie

Die Harnblase weist mehrere anatomische Strukturen auf:

  • Facies ventralis: zur Bauchwand zeigende Harnblasenfläche
  • Facies dorsalis: zum Rücken zeigende Harnblasenfläche
  • Vertex vesicae (s. Apex vesicae): Harnblasenscheitel, höchster Punkt
  • Corpus vesicae (Harnblasenkörper): großlumiger, kranialer Abschnitt
  • Cervix vesicae (Harnblasenhals): englumiger, kaudaler Abschnitt

3.2. Innenarchitektur

Eröffnet man die Harnblase, so bekommt man freie Sicht auf das Innenrelief, wo man folgende Strukturen unterscheidet:

  • Columna ureterica: paarig-längliche Aufwölbung aufgrund des schrägen intramuralen Verlaufsstücks des Ureters
  • Ostium ureteris: paarig angelegte Mündungsstelle der Ureteren auf Höhe der Corpus-Cervix-Grenze
  • Plica ureterica: nach kaudal verlaufende Falten, die ihren Usprung an den Ostia ureterum nehmen und sich am Übergang zur Harnröhre zu einer unpaaren Falte (Crista urethralis) vereinigen
  • Crista urethralis: mediane Erhabung, geht aus der Vereinigung der Plicae uretericae hervor
  • Trigonum vesicae (Harnblasendreieck): Schleimhautdreieck, das von beiden Plicae uretericae flankiert und durch die imaginäre Querebene beider Harnleitermündungen geschlossen wird
  • Ostium urethrae internum (innere Harnröhrenöffnung): Durchtrittsöffnung von der Harnblase in die Harnröhre

3.3. Harnblasenbänder

Die Harnblase wird durch Harnblasenbänder fixiert. Diese im Fetalleben zum Nabel ziehenden Bänder (Gekröse) gingen ursprünglich einer völlig anderen Funktion nach. Postnatal nehmen sie ihre Funktion als Haltebänder der Blase auf. Es gibt ein mittleres Harnblasenband und zwei Seitenbänder.

3.3.1. Ligamnetum vesicae medianum

Das Ligamentum vesicae medianum (mittleres Harnblasenhalteband) stellt das ursprüngliche Gekröse des Urachus dar und geht somit von der Ventralfläche der Harnblase ab. Aufgrund seines Verlaufs zum Beckenboden wird es hier auch als Ligamentum pubovesicale bezeichnet. Gleichzeitig läuft es weiter zur ventralen Bauchwand bis zum Nabel, weshalb dieser Abschnitt als Ligamentum umbilicovesicale betitelt wird. Diese weit nach kranial verlaufende sichelförmige Gestalt weist das Gekröse zeitlebens nur noch bei Fleischfressern auf. Außerdem sind im Lig. pubovesicale glatte Muskelzellen anzutreffen, die als Musculus pubovesicalis bezeichnet werden und von der Symphysis pelvis ihren Ursprung nehmen und in die Muskulatur des Blasenhalses einstrahlen.

3.3.2. Ligamentum vesicae laterale

Die Ligamenta vesicae lateralia (seitliche Harnblasenhaltebänder) erstrecken sich vom rechten und linken Lateralrand der Harnblase und inserieren geschlechterverschieden. Beim männlichen Tier treten sie dorsolateral an die Beckenwand, beim weiblichen Tier hingegen an das breite Gebärmutterband (Ligamentum latum uteri). Der freie Rand (Margo liber) beider Bänder enthält jeweils das Rudiment der Nabelarterie als Ligamentum teres vesicae.

3.4. Gefäßversorgung

Die Gefäßversorgung der Harnblase gestaltet sich tierartlich unterschiedlich. Grundsätzlich gibt es zwei bzw. drei Gefäßstämme (je nach Autor fehlt der mittlere), die jedoch für jedes Tier einzeln betrachtet werden sollten.

3.4.1. Arterien

3.4.2. Venen

Der venöse Abfluss erfolgt über die gleichnamigen Venen, die allesamt in die Vena cava caudalis einmünden:

3.4.3. Lymphe

Die Harnblase wird durch ein komplex entwickeltes, subepitheliales Lymphkapillarnetz gut drainiert. Die Lymphe fließen über größere Lymphgefäße zu den Lymphonodi iliaci mediales und Lymphonodi sacrales. Weitere Lymphknoten in der Lendengegend können ebenso als Primär- bzw. Sekundärstation dienen.

3.5. Innervation

Die Harnblase wird vegetativ versorgt, wobei die Nervenfasern vom Nervus hypogastricus, von den Nervi splanchnici sacrales und Nervi pelvini ausgehen. Dabei sind im Plexus pelvinus sogenannte Ganglia pelvina eingestreut, die dafür sorgen, dass ein Teil der Nerven auf das 2. Neuron umgeschaltet wird. Die Fasern gelangen letztendlich als Plexus vesicalis zum Harnblasenscheitel, -körper und -hals.

3.5.1. Sympathikus

Die sympathische Innervation und damit die Kontinenz wird durch die Nervi hypogastrici gewährleistet. Sie wirken hemmend auf die Muskulatur des Harnblasenhalses und der Urethra und sorgen somit dafür, dass der Harn zurückgehalten werden kann.

3.5.2. Parasympathikus

Die parasympathische Innervation und damit die Miktion erfolgt über die Nervi pelvini. Sie wirken erregend auf die Muskelschicht (Musculus detrusor vesicae), sodass eine Entleerung der Harnblase erfolgt.

4. Topographie

Sowohl bei der Katze als auch beim Hund zieht sich die leere oder mäßig gefüllte Harnblase mehr oder weniger weit in die Beckenhöhle zurück. Ist sie gut gefüllt, so tritt die Harnblase über den Schambeinkamm kranial hinaus und legt sich dann der ventralen Bauchwand an.

Bei den Fleischfressern kommt der Harnblasenkörper (Corpus vesicae), unabhängig vom Füllungsgrad, immer in der Bauchhöhle zu liegen. Bei diesen Tieren reicht nur der Harnblasenhals (Cervix vesicae) bis in die Beckenhöhle hinein. Ist die Blase stark gefüllt, so kann der Harnblasenscheitel (Vertex vesicae) bis in die Nabelgegend reichen.

5. Histologie

Die Harnblase zeigt folgenden histologischen Wandbau auf:

  • Tunica mucosa: Übergangsepithel
  • Tela submucosa
  • Tunica muscularis: dreischichtige Muskelschicht aus glatten Muskelzellen
    • Stratum longitudinale externum: längsgerichtete Muskelzüge die am Harnblasenkörper in die zirkuläre Schicht übergehen und vornehmlich am Harnblasenscheitel ausgebildet sind
    • Stratum circulare: stark ausgebildete, zirkuläre Mittelzone hauptsächlich am Harnblasenhals, die sich auf die Harnröhre fortsetzt
    • Stratum longitudinale internum: längsgerichtete Muskelzüge, vornehmlich am Harnblasenscheitel ausgebildet
  • Tela subserosa: hierdurch ziehen Abzweigungen des Bindegewebsgerüstes von der Tunica serosa in die Tunica muscularis
  • Tunica serosa:
    • Lamina epithelialis serosae: Peritonealepithel, das je nach Füllungszustand unterschiedlich abgeplattet ist
    • Lamina propria serosae: Bindegewebszüge bilden ein Flächengitternetz, das sich der Organgrößenveränderung anpasst

Die äußere und innere Längsmuskelschichten gehen am Harnblasenhals in zwei Schleifen über, die den Harnblasenausgang dorsal und ventral umgreifen.

6. Funktionsmechanismus

Aufgrund der unterschiedlich angeordneten Muskelschichten der Tunica muscularis ergibt sich ein komplexer Funktionsmechanismus, der sowohl Miktion als auch Kontinenz gewährleistet.

6.1. Miktion

Damit sich die Harnblase entleeren kann (Miktion), muss sich die glatte Muskulatur des Harnblasenkörpers und Harnblasenscheitels kontrahieren. Dabei müssen sich die schleifenförmigen und zirkulären Fasern des Harnblasenhalses weit stellen (erschlaffen). Zur selben Zeit muss der quergestreifte Musculus urethralis erschlaffen, damit der Harn seinen Weg durch die "sphinkterische" Harnröhre finden kann.

6.2. Kontinenz

Damit Harn zurückgehalten werden kann (Retention), muss die glatte Muskulatur des Harnblasenkörpers und Harnblasenscheitels erschlaffen, wobei die schließenden Muskelzüge des Harnblasenhalses sowie der M. urethralis kontrahieren.

6.3. Steuerung

Der Funktionsmechanismus der Harnblase wird durch unterschiedliche intramurale Innervation (sympathisch/parasympathisch) sichergestellt. Gleichzeitig geben sensible Fasern Auskunft über den Dehnungszustand der Harnblase.

7. Klinik

Bei der Hündin und der Katze wird die Harnblasenpunktion vor dem Pecten ossis pubis ausgehend durchgeführt. Der behandelnde Arzt sollte dabei die Kanüle in kaudodorsaler Richtung einführen um nicht Gefahr zu laufen, den kontrahierenden Musculus detrusor vesicae aufzureißen. Heutzutage wird die Punktion einer Katheterisierung vorgezogen.

8. Literatur

  • Salomon, Franz-Viktor, Hans Geyer, and Uwe Gille, eds. Anatomie für die Tiermedizin. Enke, 2008.
  • Künzel, Wolfgang. Topographische Anatomie, Hochschülerschaft Veterinärmedizinische Universität (Hersausgeber), 3. Auflage. WS 2011/12
  • Nickel, Richard, August Schummer, and Eugen Seiferle. Band II: Eingeweide. Lehrbuch der Anatomie der Haustiere. Parey, 2004.

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