Chorea-Akanthozytose
Synonym: Levine-Critchley-Syndrom
Englisch: Chorea acanthocytosis
Definition
Als Chorea-Akanthozytose, kurz ChAc, wird eine sehr seltene Erbkrankheit bezeichnet, deren Leitsymptome eine Fehlbildung der Erythrozyten (Akanthozytose) und progrediente neurologische Defizite sind. Sie gehört zur Gruppe der Neuroakanthozytosen und wurde ab 1964 von Irvine Levine sowie MacDonald Critchley erkannt und beschrieben.
Epidemiologie
Da es sich um eine äußerst seltene Erkrankung handelt, gibt es nur Schätzungen zur Prävalenz. In der gängigen Literatur geht man von rund 1.000 Betroffenen aus - mit einer Häufung in Japan. Der Erbgang erfolgt autosomal-rezessiv oder autosomal-dominant. Aufgrund der eher unspezifischen Symptome ist von einer gewissen Dunkelziffer unerkannter bzw. falsch diagnostizierter Fälle auszugehen.
Ätiologie
Dem Krankheitsgeschehen liegen Mutationen im Gen VPS13A auf Chromosom 9 Genort q21.2 zugrunde, das für Chorein kodiert.
Klinik
Krampfanfälle im Erwachsenenalter sind bei rund 35 % der Betroffenen das erste grob auffällige Symptom. Es scheint jedoch nicht ausgeschlossen, dass diesem Geschehen subtile Krankheitszeichen vorangehen, die nicht als solche wahrgenommen werden. Weitere Symptome sind u.a.:
- Akanthozytose
- neurologische Störungen, u.a. dem Tourette-Syndrom gleichende Tics, Chorea Huntington, Dyskinesien (teils mit ungewollten Selbstverletzungen vor allem im Mund- und Gesichtsbereich)
- Dysarthrie
- Generalisierte Hyperkinesen
- Parkinson-ähnliche Symptome (auch nicht-motorische)
- distale Muskelatrophie mit abgeschwächten Eigenreflexen
- schwankendes Gangbild
- Sensibilitätsstörungen
- Abnorme Creatinkinase-Werte im Labor
- Blasenfunktionsstörung
Diagnostik
Die Diagnostik ist dadurch massiv erschwert, dass die Symptome auch mit viel häufiger vorkommenden Erkrankungen vereinbar sind und die wenigsten Ärzte in ihrer Laufbahn einen Patienten mit einer Chorea-Akanthozytose sehen. Zudem ist die Akanthozytose auch bei bestehendem Vollbild der Erkrankung nicht immer nachweisbar.
Der Western Blot kann das Fehlen von Chorein in den Erythrozyten nachweisen, allerdings ist dies keine Untersuchung, die ohne spezifischen Verdacht veranlasst wird. In der Bildgebung lässt sich bei schon länger erkrankten Patienten eine Atrophie des Striatum mit Betonung des Kopfes des Nucleus caudatus bei reduziertem Glucosestoffwechsel feststellen. Allerdings kann das MRT auch unauffällig sein.
Liquor cerebrospinalis und Serumlipoproteine sind im Regelfall ebenso ohne pathologischen Befund wie die Nervenleitgeschwindigkeit.
Differentialdiagnosen
Abzugrenzen sind unter anderem:
- Bassen-Kornzweig-Syndrom
- McLeod-Syndrom
- Chorea Huntington (und ähnliche Sydrome)
- juvenile Form der Parkinson-Krankheit
- Tourette-Syndrom
Therapie
Stand 2020 gibt es keine kurative Therapie. Die symptomatische Behandlung zielt auf die Besserung der Lebensqualität. Experimentell wird die tiefe Hirnstimulation versucht.
Prognose
Die Prognose ist aufgrund des progredienten Verlaufs meist ungünstig. Grundsätzlich können schwere Krampfanfälle oder vegetative Fehlfunktionen infaust enden.
Literatur
- B. Bader, C. Dobson-Stone, A. Velayos-Baeza, A. Monaco, R. Walker, A. Danek: Chorea-Akanthozytose: Genetik und Verlauf von 106 Patienten. In: Aktuelle Neurologie. 35, 2008.
- L. P. Hiersemenzel, S. Johannes, P. Themann, B. Hofferberth: Die Choreoakanthozytose. Ein neurologisch-hämatologisches Syndrom. In: Der Nervenarzt. Band 67, Nummer 6, Juni 1996.
um diese Funktion zu nutzen.