Certoparin
Handelsname: Mono-Embolex®
Definition
Certoparin ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der niedermolekularen Heparine, der als Gerinnungshemmer eingesetzt wird – vor allem zur Prophylaxe und Therapie von tiefen Venenthrombosen (TVT).
Chemie
Certoparin ist ein Gemisch aus Glykosaminoglykanen unterschiedlicher Kettenlänge. Das Molekulargewicht beträgt 4.200 bis 6.200 Dalton.
Wirkmechanismus
Certoparin hemmt den Gerinnungsfaktor Xa durch Komplexbildung mit Antithrombin III.
Pharmakokinetik
Die pharmakokinetischen Parameter von Certoparin werden (indirekt) über die Messung der anti-Xa-Aktivität im Plasma bestimmt. Subkutan appliziertes Certoparin wird rasch resorbiert, die anti-Xa-Aktivität erreicht nach 3-4 Stunden ihr Maximum. Im Vergleich zu unfraktioniertem Heparin (UFH) hat Certoparin ein deutlich höheres Verhältnis von anti-Xa- zu anti-IIa-Aktivität (im Mittel etwa 2,2).
Die Halbwertszeit der Hemmung des Faktor Xa bei einer einmaligen Gabe von 3.000 I.E. Certoparin-Natrium subkutan beträgt etwa 4,2 Stunden. Die Bioverfügbarkeit von Certoparin beträgt etwa 90%. Die Metabolisierung findet weitgehend in der Leber statt.
Indikationen
Prophylaxe von tiefen Venenthrombosen bzw. thromboembolischen Ereignissen:
- Allgemeinchirurgie: Peri- und postoperative Primärprophylaxe tiefer Venenthrombosen bei Patienten mit mittlerem thromboembolischen Risiko
- Orthopädische Chirurgie: Peri- und postoperative Primärprophylaxe tiefer Venenthrombosen mit hohem thromboembolischen Risiko
- Innere Medizin: Prophylaxe venöser thromboembolischer Ereignisse (VTE) bei nicht-chirurgischen Patienten mit einem erhöhten Risiko für VTE und bei Immobilisation aufgrund einer akuten Erkrankung wie beispielsweise akute Atemwegserkrankungen, Herz- und Gefäßerkrankungen, akute infektiöse bzw. entzündliche Erkrankungen, gastrointestinale Erkrankungen oder neurologische Erkrankungen
- Neurologie: Primärprophylaxe von VTE bei Patienten mit akutem ischämischem Schlaganfall
- Hämodialyse: Antikoagulation bei extrakorporalem Kreislauf während der Hämodialyse
Therapie von tiefen Venenthrombosen
Eine Lungenembolie kann mit Certoparin behandelt werden, wenn gleichzeitig eine TVT besteht.
Applikationsformen
Das Arzneimittel wird als Injektionslösung subkutan appliziert (Sicherheitsspritze). Eine intramuskuläre Anwendung ist kontraindiziert.
Dosierung
Certoparin wird unabhängig von Thromboserisiko, Nierenfunktion und Körpergewicht in Standarddosierungen eingesetzt.
Die Standarddosis in der Prophylaxe beträgt 1 x täglich 3.000 IE, in der Therapie 2 x täglich 8.000 I.E.
Bei Blutungen kann Protamin als Antidot eingesetzt werden.
Zur Überleitung von DOAK auf Certoparin ist die Fachinformationen der einzelnen Präparate zu beachten. Eine allgemeine Anleitung findet sich in der Leitlinie der European Heart Rhythm Association.
Zur Überleitung einer Certoparin-Therapie auf eine orale Weiterbehandlung wird überlappend zwischen dem 7. und 10. Behandlungstag mit der Gabe von oralen Antikoagulanzien (Vitamin-K-Antagonisten) begonnen. Die Behandlung mit Certoparin 2 x tgl. 8.000 I.E. soll so lange fortgesetzt werden, bis ein INR-Wert von 2 bis 3 an mindestens zwei aufeinander folgenden Tagen erreicht ist.
Bei der VTE-Prophylaxe von Patienten, die eine rückenmarksnahe Anästhesie erhalten, soll ein ausreichender zeitlicher Abstand (nicht unter 10 bis 12 h) zur Regionalanästhesieeinleitung und Katheter-Entfernung eingehalten werden.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
- Lokalreaktionen an der Injektionsstelle
- Blutungen
- Anstieg der Transaminasen auf mehr als das 2-3 fache (reversibel, klinisch in der Regel nicht bedeutsam)
Eine antikörpervermittelte Thrombozytopenie (HIT Typ II) tritt unter Certoparin nur selten auf.
Gegenanzeigen
- Bekannte Überempfindlichkeit gegenüber Certoparin und/oder Heparin
- aktuelle oder aus der Anamnese bekannte allergisch bedingte Thrombozytopenie Typ II auf Heparin
- blutende Magen-Darm-Ulzera oder florides Magengeschwür innerhalb der letzten 4 Wochen
- aktuelle Blutungen oder Blutungsneigung
- klinisch relevante Gerinnungsstörungen
- akuter hämorrhagischer Schlaganfall
- Verletzungen oder Eingriffe am ZNS
- vaskuläre Retinopathien, Glaskörperblutungen oder andere intraokulare Blutungen
- schwere Leberfunktionsstörung
- Endokarditis
- Abortus imminens oder Abort
Certoparin ist sowohl bei der Prophylaxe als auch bei der Therapie der VTE in keinem Grad der Niereninsuffizienz kontraindiziert und wird primär nicht dosisreduziert eingesetzt. Jedoch sollte es bei Patienten mit schwerer Beeinträchtigung der Nierenfunktion mit Vorsicht (Prophylaxe) bzw. besonderer Vorsicht (Therapie) angewendet werden. Auf Anzeichen von Blutungen im klinischen Bild und/oder bei den Laborwerten (z.B. Abfall des Hämoglobinwerts) ist sorgfältig zu achten. Bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz wird empfohlen, die Dosis individuell auf der Basis von anti-Xa-Bestimmungen anzupassen (0,4 – 1,1 I.E. anti-Xa/ml).
Labordiagnostik
Die hemmende Wirkung auf Faktor Xa erfolgt hauptsächlich durch Antithrombin (ungefähr 100 I.E. anti-Xa/mg). Die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) wird nur minimal beeinflusst. Bei den für die Vorbeugung angewendeten Mengen (täglich 3.000 anti-Xa-Einheiten) findet sich in den Standardgerinnungstests kaum eine Veränderung. In therapeutischen Dosen (8.000 anti-Xa-Einheiten Certoparin-Natrium alle 12 Stunden) führt Certoparin zu einer Verlängerung der Gerinnungszeit beim Heptest bzw. zu einer Erhöhung der anti-Xa-Aktivität im Plasma. Eine Gerinnungsüberwachung ist in der Regel nicht erforderlich. Eine direkte Beziehung zwischen der Anti-Xa-Aktivität und der antithrombotischen Effektivität besteht nicht.
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