Anti-Faktor Xa-Aktivität
Definition
Die Anti-Faktor Xa-Aktivität ist ein hämostaseologischer Test zur Therapiekontrolle von Gerinnungsmedikamenten, die hauptsächlich oder ausschließlich durch Hemmung des aktivierten Faktor X (FXa) wirken.
Anwendung
Medikamente, deren Wirkung durch eine Bestimmung der Anti-FXa-Aktivität kontrolliert werden kann, sind:
- Niedermolekulares Heparin (u.a. Clexane®, Mono-Embolex®)
- Danaparoid (Orgaran®)
- Fondaparinux (Arixtra®)
- Neue bzw. Direkte orale Antikoagulantien (NOAK/DOAK) vom Anti-FXa-Typ wie Rivaroxaban (Xarelto®) und Apixaban (Eliquis®)
Auch unfraktioniertes Heparin hat eine Anti-FXa-Aktivität. Diese macht aber nur ca. 10% der Heparinwirkung aus. In bestimmten Situationen, wie starker Heparin-Überdosierung oder gestörter PTT-Bestimmung durch Lupus-Antikoagulantien, kann die Bestimmung trotzdem sinnvoll sein. Bei schwer kranken Patienten, bei denen durch die Akute-Phase-Reaktion eine Gerinnungsaktivierung eingetreten ist (u.a. hohe Spiegel von Faktor VIII und Fibrinogen), ist die Anti-Faktor Xa-Aktivität besser geeignet, die Antikoagulation mit unfraktioniertem Heparin zu kontrollieren, als die PTT.[1]
Messmethode
Gemessen wird die Hemmwirkung des Patientenplasmas in einem Reagenzsystem, das Faktor Xa und einen synthetischen Farbstoff enthält, der durch FXa freigesetzt wird (sog. chromogenes Substrat). Die Farbentwicklung ist umgekehrt proportional zur Anti-FXa-Aktivität. Der Test muss für die zu untersuchenden Substanzen unterschiedlich geeicht werden. Mit derselben Messmethode werden bei niedermolekularem Heparin IU/ml und bei Rivaroxaban ng/ml als Ergebnis berichtet. Für Apixaban gibt der Hersteller in der Fachinformation eine Anti-FXa-Aktivität in IE/ml wie bei Heparin an. Diese korreliere über einen weiten Dosisbereich mit der Plasmakonzentration des Medikamentes.
Schematische Darstellung des Messprinzips: Links die Gerinnungskaskade in vivo (Ausschnitt, vereinfacht), rechts das Testprinzip in vitro. Statt des Prothrombins wird das chromogene Substrat gespalten, dabei wird ein Farbstoff freigesetzt
Wertelage
Bei der Beurteilung der Messergebnisse ist der Zeitabstand zur letzten Medikamenteneinnahme bzw. Injektion zu beachten. Bei s.c.-Injektion von niedermolekularem Heparin ist der Spitzenspiegel nach 3-4 h zu erwarten, bei Einnahme oraler, direkter FXa-Hemmer nach 2-4 h.
Unfraktioniertes Heparin (UFH)
Therapeutischer Bereich bei "Vollheparinisierung": 0,3-0,7 IU/ml in einem auf unfraktioniertes Heparin geeichten Testsystem.[2]
Niedermolekulares Heparin
Therapeutischer Bereich in der Behandlung von Thrombosen: Spitzenspiegel 0,5-1 IU/ml.
Rivaroxaban
Therapie akuter, tiefer Venenthrombosen mit 20 mg/d: Spitzenspiegel 215 ng/ml (Range: 22-535 ng/ml), Talspiegel 32 ng/ml (Range: 6–239 ng/ml).[3]
Apixaban
Therapie von tiefer Venenthrombose oder Lungenembolie mit 2 mal 10 mg/d: Spitzenspiegel 251 IE/ml (Median, 5-95%-Perzentil: 111-572 IE/ml) Talspiegel 120 IE/ml (5-95%-Perzentil: 41-335 IE/ml).
Ausschlussdiagnostik
Im klinischen Alltag stellt sich häufig die Frage, ob der Patient irgendeinen Gerinnungshemmer genommen hat, z.B. vor operativen Eingriffen. Wenn die Anti-Faktor-Xa-Aktivität, egal auf welche Substanz sie geeicht ist, sehr niedrig oder unterhalb der Messgrenze ist, kann daraus geschlossen werden, dass keine relevante Wirkung eines der o.g. Medikamente besteht.
Einschränkungen
Die Heparin-kalibrierte Anti-FXa-Aktivität ist nicht für die Kontrolle von NOAK geeignet. Es muss je nach Medikament der richtige Test angefordert werden, ansonsten wird ein Messwert produziert, der nicht die klinische Wirkung abbildet. Dies liegt in der Verantwortung des Einsenders und ist vom Labor nicht kontrollierbar. In "Bridging"-Situationen - d.h. der Patient erhält überlappend verschiedene Antikoagulantien - ist der Test nicht verlässlich einsetzbar.
In der medizinischen Umgangssprache wird die Untersuchung gelegentlich als "Faktor X-Test" bezeichnet. Ein hämostaseologisches Speziallabor bestimmt bei dieser Anforderung die Aktivität des Faktor X, was nichts mit dem Monitoring von Antikoagulantien zu tun hat.
Quellen
- ↑ van Roessel S et al: Accuracy of aPTT monitoring in critically ill patients treated with unfractionated heparin. Neth J Med. 2014 Jul; 72: 305-10. frei zugänglich, abgerufen am 28.01.2021.
- ↑ Gehrie E, Laposata M: Test of the month: The chromogenic antifactor Xa assay. American Journal of Hematology 2012; 87: 194-196. frei zugänglich, abgerufen am 28.01.2021.
- ↑ Koscielny J et al: Blutungsrisiko und Blutungsnotfälle unter Rivaroxaban - Periinterventionelles Hämostasemanagement. Hämostaseologie 2012; 32: 287–293.
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