Arzneimittelintoxikation
Synonym: Arzneimittelvergiftung
Englisch: drug intoxication
Definition
Als Arzneimittelintoxikation bezeichnet man eine akute oder chronische Vergiftung mit Arzneistoffen sowie die daraus resultierenden Gesundheitsschäden.
Epidemiologie
Arzneimittelintoxikationen sind die häufigste Form der Vergiftung in Deutschland. Im Jahr 2020 wurden im stationären Bereich unter den ICD10-Codes T36 bis T50 (Vergiftungen durch Arzneimittel, Drogen und biologisch aktive Substanzen) 16.661 Erkrankungsfälle sowie 144 Todesfälle erfasst.[1] Da nicht jede Arzneimittelintoxikation zur Krankenhauseinweisung führt, dürften die tatsächlichen Zahlen höher liegen.
Einteilung
Akute Arzneimittelintoxikationen entstehen durch kurzzeitige oder einmalige Einnahme von Arzneistoffen in supratherapeutischer Dosierung. Sie können in kurzem zeitlichen Abstand auftreten, aber auch mit einer gewissen Latenz.
Bei der chronischen Arzneimittelintoxikationen steht die langandauernde Einnahme eines Arzneistoffs im Vordergrund. Die Arzneistoffmenge kann dabei auf eine einzelne Exposition bezogen unterschwellig sein – die Vergiftung tritt dann erst durch allmähliche Akkumulation des Wirkstoffs im Körper auf.
Symptome
Die Art und Intensität der Symptome sind u.a. von der genauen Art des Wirkstoffs, seiner Dosis und seinem Applikationsweg (oral, s.c. etc.) abhängig. Das Spektrum reicht von leichten Befindlichkeitsstörungen bis hin zu schweren, fulminanten Verläufen mit tödlichem Ausgang. Zusätzlich können substanzinduzierte Psychosen auftreten.
Diagnostik
Die Umstände einer Arzneimittelintoxikationen sind oft unklar, die Patienten häufig nicht auskunftsfähig oder -willig. Um den Kreis der in Frage kommenden Arzneimittel einzuengen, sollte man neben der Fremdanamnese Hinweise in der Auffindesituation beachten, insbesondere angebrochene oder leere Arzneimittelverpackungen oder Tabletten im Erbrochenen.
Die weitere Diagnostik richtet sich nach der Schwere des Krankheitsbilds und kann neben der körperlichen Untersuchung verschiedene Laboruntersuchungen, bildgebende Verfahren und andere apparative Diagnosemethoden (z.B. Pulsoxymetrie) beinhalten. Vor allem die Bestimmung des Plasmaspiegels eines verdächtigten Wirkstoffs ist dabei zielführend.
Fehlende oder geringe Symptome schließen eine klinisch relevante Arzneimittelvergiftung nicht vollständig aus, da bei einigen Wirkstoffen eine Latenzzeit verstreicht, ehe sich die negativen Konsequenzen der Intoxikation zeigen. Daher ist im Verdachtsfall eine medizinische Überwachung erforderlich, bis anhand der Diagnostik eine sichere Risikobewertung möglich ist.
Beispiele
Therapie
Die Erstmaßnahmen bei einer Arzneimittelintoxikation entsprechen den allgemeinen Notfallmaßnahmen zur Sicherung der Vitalfunktionen. Bewusstlose Patienten müssen in der Regel intubiert und beatmet werden.
Neben der Stabilisierung des Patienten ist die Entgiftung, also die Beseitigung und/oder Neutralisierung des Arzneistoffs das wichtigste Therapieziel. Hier unterscheidet man
- primäre Entgiftung: Maßnahmen, welche die weitere Exposition und Resorption des Wirkstoffs beim Patienten reduzieren, z.B. Gabe von Aktivkohle oder Magenspülungen
- sekundäre Entgiftung: Maßnahmen, welche die Ausscheidung des bereits aufgenommenen Toxins beschleunigen, z.B. eine Hämofiltration
Bei vielen Arzneistoffen ist darüber hinaus die Verabreichung eines spezifischen Antidots möglich. Die Behandlung von Arzneimittelintoxikationen erfolgt aufgrund der Komplexität der notwendigen Maßnahmen in der Regel stationär, häufig auch intensivmedizinisch.
Quellen
- ↑ Das Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes, abgerufen am 20.5.2022
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