Arzneimittelwechselwirkung
Synonym: Arzneimittelinteraktion, Interaktion, Wechselwirkung
Englisch: drug interaction, drug-drug interaction, drug-to-drug interaction
Definition
Unter einer Arzneimittelwechselwirkung oder kurz Wechselwirkung versteht man in der Medizin bzw. Pharmazie die gegenseitige Beeinflussung von Arzneimitteln oder die gegenseitige Beeinflussung von Arzneimitteln und Nahrungsmitteln bei zeitlich zusammenhängender Einnahme.
Hintergrund
Durch Wechselwirkungen können die Wirkungen der entsprechenden Medikamente verstärkt, abgeschwächt (bzw. sogar ganz aufgehoben), verlängert oder verkürzt werden. Derartige Wechselwirkungen können unter Umständen auch noch einige Zeit nach Absetzen einer Medikation auftreten.
Häufige Interaktionen sind bei der Resorption von Wirkstoffen zu beobachten. Bei der Biotransformation sind Inhibition oder Induktion die führenden Komplikationen.
Einteilung
Man unterscheidet grundsätzlich zwei Formen von Wechselwirkungen:
- Pharmakokinetische Ebene: Wechselwirkungen, welche die Resorption, Biotransformation, Verteilung und Elimination eines Arzneistoffes betreffen.
- Pharmakodynamische Ebene: Wechselwirkungen, die sich auf die spezifische Wirkung, also den Wirkmechanismus eines Arzneistoffs beziehen z.B. die gleichzeitige Gabe eines schwachen und starken Opioids.
Eine Inhibition muss hierbei nicht zwangsläufig Symptome einer Überdosierung hervorrufen. Wichtig ist der genaue Abbauweg eine Wirkstoffes. Wenn durch die Inhibition z.B. die Bildung eines aktiven Metaboliten behindert wird, kann dies klinisch zum Wirkverlust des Arzneimittels führen. Ebenso kann eine Induktion Symptome der Überdosierung hervorrufen.
Klinische Forschung
Klinische Studien zu Wechselwirkungen heißen Interaktionsstudien. Sie werden bei der Erforschung neuer Wirkstoffe häufig im Rahmen von Phase-1-Studien durchgeführt und von den Zulassungsbehörden als Voraussetzung für weiterführende Studien verlangt. Ob ein Wirkstoff eine solche Studie durchlaufen muss, hängt oft von der Ergebnissen der Präklinik ab. Folgende Studientypen sind üblich:
- Gleichzeitige Einnahme mit PPI wie z.B. Omeprazol, Pantoprazol oder Antazida
- Gleichzeitige Einnahme mit Nahrung z.B. American breakfast (high fat-, high calorie food)
- Gleichzeitige Einnahme mit einem Substrat für ein CYP-Enzym z.B. Midazolam als spezifisches Substrat für CYP3A4
- Gleichzeitige Einnahme mit einem starken Inhibitor z.B. Itraconazol für CYP3A4
- Gleichzeitige Einnahme mit einem starken Induktor z.B. Rifampicin
- Gleichzeitige Einnahme mit einer häufigen Standardmedikation bei einem bestimmten Krankheitsbild z.B. Donepezil bei Alzheimer-Studien
Die Erforschung solcher Interaktionen werden meist an einem kleinen Kollektiv (ca. 16 Probanden) durchgeführt, welche männlich, gesund und in einem Altersbereich von 18-55 Jahren sind. Ausgeschlossen sind Kinder, ältere Patienten, Schwangere oder Kranke. Eine weitere Komedikation ist nicht erlaubt.
Klinische Relevanz
Häufige Probleme bei der Bewertung von Interaktionen ist zum Einen eine ungenügende Datenbasis und zum Anderen die hohe Individualität. Da in klinischen Studien häufig nur eine Testsubstanz in einer standardisierten Dosis verwendet und hiermit Rückschlüsse auf andere, ähnliche Substanzen gezogen werden, kann ein Abweichen von dieser Normierung ein ganz anderes Resultat erzeugen (Interaktionsprogramme arbeiten häufig nach diesem Mechanismus). Eine genaue Analyse und Bewertung einer Interaktion sind somit anzuraten.
Weiterhin ist das Resultat einer Interaktion von vielen verschiedenen Einflussfaktoren abhängig, z.B. Alter, Geschlecht, CYP-Polymorphismen, Nationalität, Organfunktion und Krankheitsbild. Auch multiple Interaktionen (>2 verschiedene Wirkstoffe) sind nur schwer vorherzusagen.
Nahrungs- und Genussmittel
Verschiedene oral eingenommene Arzneimittel dürfen nicht mit bestimmten Nahrungs- und Genussmitteln (z.B. Grapefruitsaft und Terfenadin) kombiniert werden. Es können unter Umständen Wechselwirkungen zwischen (aktuell oder vor kurzer Zeit eingenommenen) Medikamenten und Inhaltsstoffen bestimmter Nahrungs- und Genussmittel auftreten, welche die Wirkungen der entsprechenden Arzneimittel verstärken, abschwächen, verlängern oder verkürzen.
Tabakkonsum kann einen induktiven Effekt auf CYP1A2 haben mit der Folge des beschleunigten Abbaus bestimmter Wirkstoffe z.B. Duloxetin oder Clozapin. Ein abruptes Absetzen bei einem bisher stabil eingestellten Patienten kann hier Symptome einer Überdosierung auslösen.
um diese Funktion zu nutzen.