Aktivierte Gerinnungszeit
Synonyme: aktivierte Koagulationszeit, Kaolin-Clotting-time (KCT)
Englisch: activated clotting time, activated coagulation time
Definition
Die aktivierte Gerinnungszeit, kurz ACT, ist ein patientennah bestimmbarer Gerinnungsparameter. Er überprüft den intrinsischen Weg der sekundären Hämostase und wird vor allem zum Monitoring einer Heparinisierung verwendet.
Hintergrund
Die ACT kann dank kompakter Analysegeräte als patientennahe Sofortdiagnostik (POCT) zur schnellen Untersuchung der Blutgerinnung eingesetzt werden. Diese Geräte verarbeiten Vollblut ohne vorherige Zentrifugation. Die Messwerte stehen dadurch innerhalb weniger Minuten zur Verfügung.
Methode
Analog zur PTT wird eine Blutprobe mit einem Oberflächenaktivator (z.B. Kaolin) versetzt und je nach Messsystem
- die Bildung von Fibrin bzw.
- die Thrombin-katalysierte Umsetzung eines zugegebenen Pseudosubstrates
gemessen.
Indikation
Die ACT wird zum Monitoring einer Gabe von Heparin oder direkten Thrombininhibitoren (Argatroban, Bivalirudin) verwendet, z.B. bei folgenden medizinischen Maßnahmen:
- katheterinterventionelle Eingriffe in der Kardiologie (z.B. PTCA)
- extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO)
- herzchirurgische Eingriffe mit extrakorporaler Zirkulation
- Nierenersatzverfahren (Dialyse)
Je nach Höhe der Heparindosierung unterscheidet man dabei zwei Formen der ACT mit unterschiedlicher Empfindlichkeit:
- ACT-HR ("high range") bei hochdosierter Heparingabe (1,0 - 6,0 U/ml Blut)
- ACT-LR ("low range") für niedrige Heparindosierungen (< 2,5 U/ml Blut)
Referenzwert
Entsprechend der verwendeten Messtechnik variiert der Normwert zwischen 70 und 130 Sekunden. Der therapeutische Bereich liegt bei 180 bis 220 Sekunden.[1]
Die Referenzwerte sind methodenabhängig. Verbindlich sind die vom jeweiligen Gerät angegebenen Werte.
Interpretation
Die ACT kann durch viele Faktoren beeinflusst werden. Eine Verlängerung der ACT, die nicht Heparin-bedingt ist, sieht man u.a. bei:
- Thrombozytopenie
- Thrombozytenfunktionsstörungen
- Gerinnungsfaktormangel
- Langzeitantikoagulation (Phenprocoumon, Warfarin)
Die Messergebnisse werden zudem durch weitere Medikamente (Aprotinin, Gp-IIb/IIIa-Blocker), Volumenstörungen (Hypervolämie, Hypovolämie) und die Körpertemperatur (Hypothermie) beeinflusst.
Die Verlässlichkeit der ACT im Hinblick auf die Einschätzung der Heparindosis wird von einigen Autoren als gering eingeschätzt. Als geeignetere Alternativen werden die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT), die Thrombelastographie (TEG) sowie die Anti-Faktor Xa-Aktivität genannt.[1]
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 Colman E et al.: Evaluation of a heparin monitoring protocol for extracorporeal membrane oxygenation and review of the literature J Thorac Dis. 2019 Aug; 11(8): 3325–3335 PMCID: PMC6753426 PMID: 31559035