Vorzeitige Plazentalösung
Synonym: Abruptio placentae, Ablatio placentae
Englisch: premature detachment of placenta
Definition
Epidemiologie
Eine bundesdeutsche Perinatalerhebung hat ergeben, dass die vorzeitige Ablösung der Plazenta zwar eine sehr seltene Schwangerschaftskomplikation ist, aber unter allen Schwangerschaftskomplikationen die höchste perinatale kindliche Mortalität aufweist. Die Häufigkeit der Abruptio placentae beträgt etwa 0,2 - 1,1% der Geburten.
Ätiologie und Pathogenese
Die vorzeitige Ablösung der Plazenta kann unterschiedliche Ursachen haben. Traumata, z.B ein Stoß auf den Bauch oder ein Sturz, können auslösend wirken, genauso plötzliche Veränderungen der intrauterinen Druck- und Volumenverhältnisse, z.B. nach Blasensprung bei Hydramnion oder nach der Geburt des ersten Zwillings.
Eine Präeklampsie wirkt ebenfalls begünstigend, da die charakteristischen Kapillarschäden im Plazentabett eine Ablösung induzieren können. Bei der Wendung des Kindes von Beckenendlage in Schädellage kann es iatrogen bedingt zur Abruptio placentae kommen.
Durch die Ablösung der Plazenta treten Blutungen aus den uterinen Gefäßen auf und führen zur Ausbildung eines retroplazentaren Hämatoms, welches das Fortschreiten der Ablösung begünstigt. Die Blutung kann derart stark ausgeprägt sein, dass die betroffene Patientin einen hämorrhagischen Schock erleidet, welcher zur kompletten Plazentainsuffizienz und damit zur fetalen Hypoxie führt.
Das Hämatom kann bis in das Myometrium vordringen und dieses durchsetzen - dieses bezeichnet man als Couvelaire-Uterus. Häufig gelangt Blut nach außen und imponiert als vaginale Blutung.
Klinik und Diagnostik
Der plötzlich auftretende, dauerhaft anhaltende, starke Schmerz im Bereich der Gebärmutter ist das charakteristische Leitsymptom. Dies kann bei nur geringem Ausmaß der Ablösung das einzige Symptom bleiben, der Uterus ist nur mäßig druckdolent und Zeichen der kindlichen Hypoxie können fehlen.
Ist die Lösung der Plazenta grossflächiger, entstehen stärkere uterine Blutungen, die typische Symptome wie Angst, Unruhe, Zyanose, Tachykardie und evtl. Bewusstlosigkeit nach sich ziehen. Weiterhin finden sich in der Kardiotokographie Zeichen der fetalen Hypoxie. Bei der klinischen Untersuchung, tastet sich der Uterus bretthart (sogenannter Holzuterus) und sehr druckdolent.
Mit Hilfe der Spekulumeinstellung kann die frische uterine Blutung nachgewiesen werden, wobei deren Ausmaß nicht mit dem Schweregrad der Blutung korrelieren muss. Durch die Ultraschalluntersuchung, in der das retroplazentare Hämatom oder die partielle Ablösung detektiert wird, kann die Diagnose gesichert werden. Weiterhin müssen die Gerinnungsparameter kontrolliert und überwacht werden, um eine Verbrauchskoagulopathie frühzeitig erkennen zu können.
Therapie
Die vorzeitige Plazentalösung erfordert die sofortige Einweisung der Patientin, da die intensivmedizinische Überwachung unbedingt erforderlich ist.
Der Zustand der Mutter gibt den Zeitpunkt und die Art der Entbindung vor. Bei sehr starkem Blutverlust, Schock, oder Verbrauchskoagulopathie, muss aus mütterlicher Indikation sofort eine Sectio erfolgen. Die fetale Indikation zur Sectio sind bei Zeichen der Asphyxie gegeben.
Eine Abruptio placentae zwischen der 24. und 34. Schwangerschaftswoche wird - bei geringem Ausmaß und stabilem Zustand der Mutter und des Kindes - unter Tokolyse möglichst konservativ behandelt, um einen fetale Lungenreifung zu gewährleisten.
Bei einer Ablösung nach der 34. Schwangschaftswoche ist ein abwartendes Verhalten nicht mehr indiziert, eine Sectio wird umgehend durchgeführt.
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