Physostigmin
Synonym: Eserin
Englisch: physostigmine
Definition
Physostigmin ist ein aus dem Samen der Kalabarbohne (Physostigma venenosum) gewonnenes Alkaloid, das als Cholinesterasehemmer wirkt. Es wird in der Medizin als Antidot bei Vergiftungen mit parasympatholytisch wirkenden Substanzen eingesetzt, z.B. gegen Atropin.
Chemie
Physostigmin besteht aus einem Indoleninkern, der mit einem Pyrrolring verbunden ist und der am aromatischen Ring eine Urethangruppe trägt. Chemisch zählt Physostigmin zu den Indolalkaloiden sowie zu den trizyklisch substituierten Methylcarbaminsäureestern. Die Summenformel lautet C15H21N3O2.
Wirkmechanismus
Als indirektes Parasympathomimetikum verstärkt Physostigmin die Aktivität des parasympathischen Nervensystems. Die pharmakologische Wirkung beruht auf einer reversiblen Hemmung des Enzyms Acetylcholinesterase, das den Abbau von Acetylcholin katalysiert, und der daraus resultierenden Erhöhung der Acetylcholinkonzentration im synaptischen Spalt bzw. an der motorischen Endplatte.
Wirkungen
Zu den Wirkungen bzw. Nebenwirkungen von Physostigmin zählen u.a.:
- Bradykardie ggf. bis zur Asystolie
- Miosis
- Bronchokonstriktion
- Steigerung der Darmperistaltik
- Hypersalivation
- Emesis
- Krämpfe
Als tertiäres Amin kann Physostigmin die Blut-Hirn-Schranke überwinden und auch im ZNS seine Wirkung entfalten.
Indikation
- Zur Behandlung postoperativ auftretender Störungen: zentrales anticholinerges Syndrom (ZAS)
- Schweres, therapieresistentes zentrales anticholinerges Syndrom, z.B. durch
sowie im Falle der Nutzung chemischer Kampfstoffe wie Benzilsäureester
- Verzögertes postoperatives Erwachen
- Kältezittern (Shivering)
- Als Antidot bzw. Antagonist bei Vergiftung bzw. Überdosierung mit Alkohol
Aufgrund seines Wirkprofils wird Physostigmin nur bei strengster Indikation gegeben.
Gegenanzeigen
Asthma bronchiale, Gangrän, koronare Herzkrankheit, mechanische Obstipation und mechanische Harnsperre.
Anwendungsbeschränkung
Gleichzeitige Gabe von anderen Cholinesterasehemmern (Wirkungsverstärkung).
Toxikologie
Physostigmin ist stark toxisch. Die mittlere letale Dosis liegt bei der Maus bei 4,5 mg/kg Körpergewicht. Toxische Effekte treten beim Menschen vermutlich in einer Dosis ab 10 mg auf. Der Tod kann durch Herzstillstand und/oder zentrale Atemlähmung eintreten. Maßnahmen gegen die Intoxikation sind Magenspülung sowie die Gabe von Aktivkohle und unter Umständen Natriumsulfat. Gegen Krämpfe kann Diazepam verabreicht werden. Als spezifisches Antidot kommt Atropin in Betracht. Ein gegebenenfalls auftretender Schock muss intensivmedizinisch behandelt werden.
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