Trichuriose (Wiederkäuer)
Synonym: Trichuris-Infektion beim Wiederkäuer
Definition
Die Trichuriose der Wiederkäuer ist eine parasitär bedingte Tierkrankheit, die durch Vertreter der Gattung Trichuris (Peitschenwürmer) verursacht wird.
Erreger
Beim Rind parasitiert in Mitteleuropa
- Trichuris globulosa,
- Trichuris discolor und gelegentlich auch
- Trichuris capreoli.
Beim Schaf und bei der Ziege findet man
- Trichuris ovis,
- Trichuris capreoli und
- Trichuris skrjabini.
Adulte
Trichuris-Arten sind 3 bis 8 cm lange Würmer, bei denen über Zweidrittel der gesamten Körperlänge auf den haardünnen Vorderteil entfällt. Er enthält den Ösophagus, der in die Schleimhaut eingesenkt ist. Das deutlich kürzere und dickere Hinterende enthält den Darm. Beim Männchen ist das Hinterende eingerollt, das Spiculum ist in einer Spiculumscheide eingehüllt. Das Hinterende der Weibchen ist leicht gebogen. Die Vulva liegt am Übergang vom dünnen zum dicken Körperabschnitt.
Sowohl die Länge und Form des Spiculums, die Gestalt und Art der Bestachelung der Spiculumscheide als auch der Vulvatyp und die Vaginastruktur dienen als Kriterien für die Artbestimmung.
Eier
Trichuris-Eier sind 80 x 35 μm groß, zitronenförmig und mit zwei Polpröpfen versehen. Ihre Hülle ist glatt und die Eier beinhalten eine einzelne Eizelle. In der mikroskopischen Betrachtung können sie leicht mit Capillaria-Eiern verwechselt werden, da sich diese nur durch die aufgeraute Oberfläche unterscheiden.
Vorkommen
Trichuris discolor kommt in Mitteleuropa bei einem großen Teil der Rinder im Caecum und Colon vor (bis zu 80 %). In Österreich findet man zusätzlich noch Trichuris capreoli. Der Befall mit beiden Trichuris-Arten ist jedoch meist nur schwach.
Trichuris ovis (Schaf und Ziege) sowie Trichuris skrjabini (Schaf) kommen in Österreich häufig vor. Trichuris globulosa, Trichuris skrjabini und Trichruis ovis parasitieren auch bei verschiedenen Wildwiederkäuern.
Entwicklung
Trichuris-Arten folgen einem homoxen Lebenszyklus. Die exogen ablaufende Entwicklung erfordert relativ hohe Temperaturen (über 14 °C) sowie ausreichende Feuchtigkeit. Bei Temperaturen um 30 °C bildet sich binnen 17 Tagen innerhalb der Eihülle die infektiöse erste Larve (L1). Im Gegensatz dazu erreichen die Eier auf der Weide erst in drei bis vier Monaten ihre Infektionsreife.
Die Eier können unter ungünstigen Bedingungen überwintern und einige Jahre lang überleben. In den meisten Fällen werden sie dabei mit der Zeit in tiefere Bodenschichten gewaschen, weshalb sie als Infektionsrisiko an Wert verlieren. Trockenheit sowie direkte Sonneneinwirkung lassen die Larven rasch absterben. Temperaturen von 37 °C und mehr töten sie innerhalb von 15 Minuten ab.
Nachdem infektiöse Trichuris-ovis-Eier durch ein Schaf aufgenommen wurden, schlüpfen in den hinteren Dünndarmabschnitten die mit einem Mundspeer versehenen Larven. Diese dringen dann im Caecum und im Anfangsabschnitt des Colons in die Schleimhaut ein, um sich nach 14 Tagen zur Drittlarve (L3) zu häuten. Nach einem weiteren Häutungsvorgang (nach 31 Tagen) entsteht die vierte Larve (L4) und nach 50 Tagen entwickeln sie sich zu subendothelial liegenden Präadulten. Die Präpatenz beträgt 53 bis 55 Tage, für Trichuris skrjabini 42 bis 47 Tage.
Die Infektionen finden sowohl im Stall als auch in nassen Ausläufen und auf feuchten Weiden statt. Es sind alle Altersgruppen betroffen.
Pathogenese
Die (prä)adulten Stadien verursachen bei stärkeren Infektionen entzündliche Veränderungen, ödematöse Schwellungen, punkt- oder fleckenförmige Blutungen, diphteroide Beläge und Erosionen. Diese werden vorwiegend durch den Ösophagus der Parasiten verursacht, der in Tunneln dicht unter dem Epithel zur Nahrungsaufnahme in ständiger Bewegung ist. In weiterer Folge entstehen Blinddarm- und Dickdarmentzündungen, die zu Störungen des Flüssigkeitshaushaltes wie Dehydrierung, Aszites und Ödembildung führen.
Jungrinder, die an Trichuriose verendet sind, weisen oftmals nicht mehr als 500 Würmer auf.
Klinik
Meist verläuft eine Trichuriose schwach und symptomlos. In seltenen Fällen treten bei Kälbern und Lämmern bei Haltung im Stall oder auf auslaufähnlichen Weiden chronische Trichuriosen auf. Diese führen zu unspezifischen Symptomen wie etwa Appetitmangel, leichte Hypothermie, verlangsamte Puls- und Atemfrequenz, verminderte Pansenbewegungen, raues Haarkleid und verringerte Gewichtszunahme. Dieses unspezifische Bild überdeckt oft und lange die etwas spezifischeren Anzeichen wie profuse, wässrige und blutige Diarrhö mit Hypoproteinämie, Anämie und Ödemen am Hals. Aufgrund allgemeiner Schwäche kommen einzelne Tiere zum Festliegen und verenden in weiterer Folge.
Diagnose
Oftmals gehen im Zuge des Durchfalls adulte Würmer mit dem Kot ab, die zum direkten Erregernachweis herangezogen werden können. Die Eier können mittels Flotationsverfahren angereichert und anschließend mikroskopisch gut von den Kotbestandteilen abgegrenzt werden. Ihre typische Zitronenform sowie ihre glatte Schale lässt sie von den ihnen ähnelnden Capillaria-Eiern unterscheiden.
Therapie
Eine Trichuriose kann mithilfe von Benzimidazol in der für Magen-Darm-Strongyliden empfohlenen Dosierung behandelt werden. Dabei verspricht eine Dosiserhöhung oder eine mehrtätige Behandlung unter Streckung der Dosis einen besseren Behandlungserfolg.
Ebenso sind makrozyklische Laktone als Injektion (0,2 mg/kgKG), als Pour-on-Formulierung oder als Bolus wirksam.
Literatur
- Boch, Josef, Supperer, Rudolf. Veterinärmedizinische Parasitologie. 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey Verlag, 2005