Tastsinn
Synonym: Tastempfindung
Definition
Der Tastsinn ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Wahrnehmungsqualitäten der menschlichen Haut bzw. Schleimhaut. Er wird in der Literatur nicht einheitlich definiert. Im engeren Sinn umfasst er 3 Sinnesqualitäten:
Im erweiterten Sinn können auch die Temperaturempfindung und die Schmerzempfindung dem Tastsinn zugeordnet werden.
Mit der wissenschaftlichen Erforschung des Tastsinns beschäftigt sich die Haptik.
Funktion
Der Tastsinn vermittelt dem Gehirn die notwendigen Informationen zum Erkennen der Form, des Gewichts, des Bewegungszustands und der Oberfläche von Gegenständen. Darüber hinaus dient er auch der Eigenwahrnehmung (Propriozeption), etwa durch die Druckempfindung in den Fußsohlen, die Aufschluß über die Lage des Körperschwerpunktes gibt.
Einteilung
Nach der Wahrnehmungsrichtung kann man zwei Formen des Tastsinns unterscheiden:
- haptische Wahrnehmung: aktives Erfühlen bzw. Ertasten eines Objekts
- taktile Wahrnehmung: passive Wahrnehmung von Berührungen
Physiologie
Die Wahrnehmung des Tastsinns erfolgt über Mechano-, Thermo- und Nozirezeptoren. Ihre Dichte ist an der Zungenspitze und im Bereich der Fingerbeere am größten, was eine Differenzierung feiner Strukturen ermöglicht. Die Haut des Rückens hat die geringste Rezeptorendichte.
Die für den Tastsinn verantwortlichen Rezeptoren lassen sich nach ihrem Funktionsmuster in 2 verschiedene Rezeptorgruppen einteilen:
Langsam adaptierende Rezeptoren
Sie werden auch SA-Rezeptoren ("slow adapting") genannt und sind für die Druckempfindung verantwortlich. Sie senden über die gesamte Dauer eines Stimulus Aktionspotentiale aus. Zu ihnen gehören:
- Merkel-Zellen (SA1)
- Ruffini-Körperchen (SA2)
- Pinkus-Iggo-Tastscheiben
Schnell adaptierende Rezeptoren
Sie werden auch RA-Rezeptoren ("rapid adapting") genannt und sind für die Berührungsempfindung und Vibrationsempfindung verantwortlich. Sie senden nur zu Beginn und am Ende eines Stimulus Aktionspotentiale aus. Zu ihnen gehören:
- Meissner-Körperchen
- Haarfollikelsensor
- Krause-Endkolben
- Vater-Pacini-Körperchen
- Golgi-Mazzoni-Körperchen
Von manchen Autoren wird eine dritte Gruppe unterschieden, die "extrem schnell adpatierenden Rezeptoren", die für die Vibrationsempfindung verantwortlich sind. Zu ihnen gehören die Vater-Pacini- und Golgi-Mazzoni-Körperchen.
Diagnostik
Die neurologische Überprüfung des Tastsinns erfolgt mit Nadel, Pinsel, Stimmgabel, Weber-Tastzirkel und anderen Hilfsmitteln. Der Patient sollte während der Untersuchung die Augen schließen. Die Berührungs- und Druckempfindung wird unter anderem auf ihr Vorhandensein bei verschiedenen Reizintensitäten und ihre Differenzierungsfähigkeit (stumpf - spitz) überprüft.
Die Vibrationsempfindung ist mit Hilfe einer angeschlagenen Stimmgabel möglich. Sie wird zunächst auf die Finger- oder Zehenballen aufgesetzt. Falls hier keine Vibration empfunden wird, setzt man die Gabel auf tastbare Skelettvorsprünge, z.B. Tibia, Patella, Clavicula oder Spina iliaca anterior superior. Bei Läsionen des sensorischen Systems ist sie frühzeitig gestört (Pallhypästhesie). Daher dient sie unter anderem zur Frühdiagnose einer Polyneuropathie.
um diese Funktion zu nutzen.