Stickstofflost
Definition
Stickstoffloste sind stickstoffhaltige Kohlenstoffverbindungen, die mit Chlor versetzt ist.
Hintergrund
Bekanntheit erlangten Stickstoffloste insbesondere aufgrund ihrer Verwendung als chemischer Kampfstoff. Weniger bekannt ist ihre Anwendung als Bestandteil von Zytostatika. Eine große strukturelle Ähnlichkeit besteht zu den Schwefellosten, die vom Aufbau her identisch sind, nur anstelle des Stickstoffes ein Schwefelatom enthalten. Schwefelloste und Stickstoffloste werden als "Loste" zusammen gefasst.
Nomenklatur
Wegen ihrer Anwendung als Kampfstoffe hat sich die umgangssprachliche Bezeichnung "Giftgas" durchgesetzt. Tatsächlich liegen die meisten Stickstoffloste bei Zimmertemperatur als Flüssigkeit vor. Die umgangssprachliche Formulierung rührt vermutlich daher, dass als erstes bedeutendes Kampfmittel Chlorgas bekannt wurde. Diese - nicht zu den Stickstofflosten gehörende Verbindung - ist tatsächlich gasförmig.
Chemie
Im Zentrum des Moleküls sitzt ein Stickstoffatom, das über Kohlenwasserstoffketten mit zwei bzw. drei Chloratomen verbunden ist. Nach der Anzahl des enthaltenen Chlors wird zwischen zweifach und tertiär chlorierten Stickstofflosten unterschieden. Es handelt sich um Amine.
Es existieren drei Vertreter dieser Stoffgruppe:
- Trichlormethin (Tris-(2-chlorethyl)-amin)
- Chlormethin bzw. Mechlorethamin (Bis-(2-chlorethyl)-methylamin)
- Ethyl-S (Bis-(2-chlorethyl)-ethylamin)
Toxizität
Stickstoffloste sind stark hauttoxisch und verursachen schwere Schädigungen, die Verbrennungen und Verätzungen entsprechen. Im zerstörten Gewebe finden kaum noch Mitosen statt, weswegen die Verheilung nur sehr langsam verläuft. Es bilden sich große, sehr schmerzhafte Blasen. Eine Einatmung von Dämpfen führt zu starken Lungenschäden, ist jedoch aufgrund der größeren Flüchtigkeit eher bei Schwefellosten zu beobachten.
Molekulare Grundlagen der Vergiftung
Die starke Giftigkeit von Stickstofflosten beruht auf der Bildung von hochreaktiven Verbindungen in Folge eines intramolekularen nukleophilen Angriffs des Stickstoffatoms auf das Kohlenstoffatom, das an Chlor gebunden ist. Produkt dieser Reaktion ist das stark hautschädigende Aziridiniumion. Dieses verbindet sich mit den Aminogruppen der DNA und kann zu funktionslosem Erbgut führen. Im günstigsten Fall löst die betroffene Zelle eine Apoptose aus, es kann jedoch auch zur malignen Entartung kommen.
Therapie
Um das betroffene Gewebe zu retten, muss man die Substanz möglichst schnell mittels Chlorkalk oder Seifenlauge abwaschen. Keinesfalls dürfen die unbehandelten Hautpartien durch Decken o.ä. abgedeckt werden, dies führt zu einer weiteren Verschlimmerung der Symptomatik. Sind Extremitäten großflächig betroffen, bleibt meistens nur eine Amputation.
Medizinische Nutzung
Die zellteilungshemmende Wirkung von Stickstoff- und Schwefellosten macht man sich teilweise bei der Chemotherapie zu Nutze. Bereits nach dem Ersten Weltkrieg wurden Krebsmedikamente auf Lost-Basis angewendet.
Medikamente auf Lost-Basis
um diese Funktion zu nutzen.