Postpartale Thyreoiditis
Synonyme: Postpartum-Thyreoiditis, PPT, Wochenbett-Schilddrüsenentzündung
Englisch: Postpartum thyroiditis
Definition
Als postpartale Thyreoiditis bezeichnet man eine subakute Entzündung der Schilddrüse (Thyreoiditis), die innerhalb eines Jahres nach einer Entbindung auftritt und zu einer meist passageren Hyper- und/oder Hypothyreose führt. Die Erkrankung zählt zu den Wochenbettkomplikationen.
ICD10-Code: O90.5 - Postpartale Thyreoiditis
Epidemiologie
Nach der Entbindung entwickeln ca. 7-8% aller Frauen eine postpartale Thyreoiditis. Sie tritt fast ausschließlich bei Frauen auf, die Anti-TPO-Antikörper besitzen. Ein erhöhtes Risiko haben Frauen mit Autoimmunerkrankungen, insbesondere Typ-1-Diabetikerinnen. Von ihnen entwickeln 18-25% eine postpartale Thyreoiditis, nachdem sie ein Kind geboren haben.
Die Prävalenz für eine postpartale Thyreoiditis nach Abort ist nicht bekannt.
Ätiologie
Die genaue Ursache der postpartalen Thyreoiditis ist unklar, am wahrscheinlichsten scheint eine autoimmune Genese.
Pathophysiologie
Die postpartale Thyreoiditis gehört zu den lymphozytären Thyreoiditiden. Wie alle Schilddrüsenentzündungen führt die postpartale Thyreoiditis klassischerweise zu einer passageren Hyperthyreose, bei der präformierte Hormone durch Zelldestruktion freigesetzt werden. Eine Überproduktion von Schilddrüsenhormonen findet nicht statt. Nach starker Zerstörung des Schilddrüsengewebes kann eine Hypothyreose persistieren.
Klinik
In den meisten Fällen handelt es sich bei der postpartalen Thyreoiditis um eine sogenannte "stille Thyreoiditis", weil diese Form der Schilddrüsenentzündung schmerzlos verläuft und meist keine oder nur milde Symptome auslöst.
Verschiedene andere Verlaufsformen sind möglich. Initial können sich sowohl eine Hyper- als auch eine Hypothyreose präsentieren. Im klassischen Verlauf stellt sich innerhalb eines Jahres postpartum eine Euthyreose ein. Nur ein Viertel präsentiert einen klassischen biphasischen Verlauf. Hierbei folgt auf eine vorübergehende hyperthyreote Phase eine Zwischenphase mit Hypothyreose, bevor danach eine Euthyreose eintritt. Bei ungefähr einem Viertel wird eine einzelne hyperthyreote Phase beobachtet, bei der Hälfte zeigt sich eine einzelne hypothyreote Phase.
Die Symptomatik entspricht in abgemilderter Form der jeweiligen Stoffwechsellage.
- Hyperthyreote Phase: Irritabilität, Hitzeintoleranz, Palpitationen, Gewichtsverlust, Fatigue
- Hypothyreote Phase: Fatigue, Konzentrationsschwäche, Kälteintoleranz, trockene Haut, Parästhesien
Diagnostik
In der frühen Schwangerschaft lassen sich bei 40-60 % der Frauen, die nach einer Geburt eine postpartale Thyreoiditis entwickeln, Anti-TPO-Antikörper nachweisen. Wenn Anti-TPO-Antikörper bekannt sind oder ein Typ-1-Diabetes vorliegt, sollte drei und sechs Monate nach der Geburt der TSH-Wert überprüft werden.
In der laborchemischen Untersuchung des Serums findet sich je nach Stoffwechsellage die jeweilige Konstellation von TSH, T3 und T4. TRAK-Antikörper sind nicht vorhanden. In der sonographischen Untersuchung zeigt sich die Schilddrüse vergrößert, diffus echoarm und stärker perfundiert. Szintigraphisch wird im Gegensatz zur Hashimoto-Thyreoiditis kein 99m-Tc-Uptake registriert.
Nach der Diagnosestellung sollte ein besonderes Augenmerk darauf verwendet werden, hypothyreote Stoffwechsellagen frühzeitig zu entdecken. Folglich sollten alle 4-8 Wochen oder bei neu aufgetretenen Symptomen die Schilddrüsenwerte überprüft werden, bis das erste Jahr postpartum abgeschlossen ist. Danach ist eine jährliche Kontrolle der TSH-Werte zu empfehlen.
Differentialdiagnosen
Therapie
Oftmals ist die postpartale Thyreoiditis nicht behandlungsbedürftig. In der hyperthyreoten Stoffwechsellage können symptomatische Patienten mit Propranolol behandelt werden. In der hypothyreoten Phase besteht eine Indikation zur Therapie mit Levothyroxin bei symptomatischen Patientinnen, bei TSH-Werten über 10 mU/l und während des Stillens oder vor einer geplanten Empfängnis. Vor einer erneuten Schwangerschaft sollte eine euthyreoten Stoffwechsellage erreicht werden.
Prognose
In der Regel verläuft die postpartale Thyreoiditis selbstlimitierend und die Mehrheit der erkrankten Frauen kehrt nach einem Jahr postpartum in eine euthyreote Stoffwechsellage zurück. In 70% dieser Fälle treten nach weiteren Schwangerschaften erneut postpartale Thyreoiditiden auf.
Bei ungefähr 30% der Frauen persistiert eine behandlungsbedürftige Hypothyreose.
Literatur
- 38th Annual Meeting of the European Thyroid Association. Eur Thyroid J. 2014;3(Suppl 1):73-226. doi:10.1159/000365244.
- B. Harbeck, H. Lehnert, H. Mönig: Schilddrüsenentzündungen in Schwangerschaft und Stillzeit. Gynäkologische Endokrinologie. 2009;7(4):224-230. doi:10.1007/s10304-009-0307-8.
- Fischer T, Grab D, Grubert T, et al.: Maternale Erkrankungen in der Schwangerschaft. Facharztwissen Geburtsmedizin. 2016:347-618. doi:10.1016/B978-3-437-23752-2.00017-1.
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