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Paratuberkulose (Wiederkäuer)

Synonyme: Johne'sche Krankheit, Para-TBC
Englisch: paratuberculosis

1. Definition

Die Paratuberkulose ist eine bakterielle Infektionskrankheit der Wiederkäuer, die durch chronische Diarrhö gekennzeichnet ist und zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen gezählt wird.

2. Erreger

Mycobacterium avium ssp. paratuberculosis (MAP) ist ein grampositives, unbewegliches und säure- sowie alkoholfeste Stäbchenbakterium der Gattung Mykobakterium. Der Erreger ist 0,2 bis 0,7 x 1,0 bis 10,0 µm groß und nur unter speziellen Bedingungen anzüchtbar.

Mykobakterien zeichnen sich durch ihren intrazellulären Parasitismus aus. Neben Rinder können sie auch Schafe, Ziegen und Wildwiederkäuer infizieren.

3. Epidemiologie

Die Paratuberkulose ist weltweit verbreitet und tritt in Regionen mit intensiver Wiederkäuerhaltung besonders stark auf.

Die Einschleppung des Erregers in eine bisher Paratuberkulose-freien Bestand erfolgt durch den Zukauf eines latent infizierten Tiers.

4. Pathogenese

Die Infektion verläuft fäkal-oral. Die Jungtiere infizieren sich über den Kot erwachsener Tiere sowie über kotverschmutzte Milch bzw. Kolostrum und Zitzen. Die Inkubationszeit liegt zwischen 2 und 10 Jahre.

Der weitere Verlauf der Erkrankung hängt maßgeblich vom Zeitpunkt der Erregeraufnahme ab. Eine Infektion innerhalb der ersten Lebenswochen und -monaten führt zu einer dauerhaften Infektion mit einer später auftretenden klinischen Manifestation. Ältere Tiere (ab einem Alter von 2 Jahren) hingegen scheinen weitgehend resistent gegenüber den Bakterien zu sein. Die Resistenz wird jedoch von unterschiedlichen Faktoren, wie z.B. genetischen Einflüssen geprägt.

Initial kommt es zu einer Generalisierung der Erreger, die eine serologische Reaktion auslöst. Anschließend ziehen sich die Mykobakterien in die Makrophagen im Darmbereich zurück. In der Erstphase der Erkrankung können keine Antikörper im Serum nachgewiesen werden, sodass eine zellgebunde Immunitätsreaktion stattfindet. Es kommt zu einer überschießenden Hochregulation inflammatorisch wirkender Gene, die maßgeblich für den pathogenetischen Prozess verantwortlich sind. Durch die rasche Erregervermehrung werden immer mehr Bakterien frei, weshalb große Mengen an Antikörpern gebildet werden. Diese Phase der Erkrankung geht mit einer massiven Erregerausscheidung mit dem Kot sowie über die Milch und den Speichel einher. Anschließend folgt die klinische Manifestation der Erkrankung mit der Ausbildung typischer Symptome. Mit Ende der klinischen Phase kommt es zu einem völligen Niederbruch der Immunität.

Da die Inkubationszeit meist mehrere Jahre beträgt, können infizierte Tiere zeitlebens asymptomatisch bleiben und die Erreger unbemerkt in der Herde verbreiten.

5. Klinik

Die Paratuberkulose verläuft stets chronisch. Sie geht mit unstillbaren Durchfällen bei erhaltener Fresslust einher. Der Kot erscheint schaumig und mit Gasblasen durchsetzt. Durch die anhaltenden und therapieresistenten Durchfälle magern die Tiere stark ab, weshalb auch die Milchleistung drastisch absinkt. Beim kleinen Wiederkäuer tritt Abmagerung oftmals als einziges Symptom auf.

Nach dem Zusammenbruch der Immunität führt die Erkrankung zum Tod.

6. Diagnose

Aufgrund der Klinik kann nur eine Verdachtsdiagnose gestellt werden. Für die Diagnosesicherung sind weiterführende Laboruntersuchungen notwendung, z.B.:

  • direkter Erregernachweis mittels bakteriologischer Kultur und PCR
  • Nachweis von MAP-spezifischen Antikörpern mithilfe einer ELISA

Zur diagnostischen Abklärung sind Blut- oder Kotproben einzusenden. Bei bereits verendeten Tieren sind Darmteile sowie Lymphknoten zu beproben.

7. Therapie

Da die klinische Paratuberkulose eine anzeigepflichtige Tierseuche ist, sind jegliche Therapieversuche verboten.

8. Rechtliches

In Österreich besteht seit dem Jahr 2006 Anzeigepflicht für die klinische Form der Paratuberkulose (bei Rind, Schaf, Ziege und Wildwiederkäuer in Gatterhaltung). Die Rechtsgrundlage bildet hierfür die Paratuberkulose-Verordnung.[1]

In Deutschland ist die Paratuberkulose eine meldepflichtige Tierkrankheit.[2]

9. Literatur

  • Klee W, Metzner M. 2016. Ausgewählte Kapitel aus dem Gebiet der Inneren Medizin der Wiederkäuer Lehrmaterialien der Klinik für Wiederkäuer der LMU München (abgerufen am 23.03.2021)
  • Mayr A, Rolle M. Mayr A (Hrsg.). Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8., überarbeite Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1060-7
  • Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit. Paratuberkulose (abgerufen am 26.03.2021)

10. Quellen

  1. RIS - Rechtsinformationssystem des Bundes Österreich. Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Paratuberkulose – Verordnung (abgerufen am 26.03.2021)
  2. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Meldepflichtige Tierkrankheiten (abgerufen am 26.03.2021)

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