Femurschaftfraktur
Synonym: Oberschenkelschaftfraktur
Englisch: femur shaft fracture
Definition
Unter der Femurschaftfraktur versteht man eine Fraktur im Bereich des Femurschaftes.
Ätiopathogenese
Femurschaftfrakturen werden durch ausgeprägte Krafteinwirkung auf den Oberschenkelknochen hervorgerufen. Man findet sie vor allem bei polytraumatisierten Patienten. Je nach Richtung der Krafteinwirkung kommt es unter anderem zur Querfraktur, zur Schrägfraktur, zur Spiralfraktur oder auch zur Trümmerfraktur.
Man unterscheidet offene von geschlossenen Frakturen.
Klassifikation
Nach der AO-Klassifikation werden Femurschaftfrakturen mit der Ziffer 32 beschrieben. Weiter wird unterteilt in:
- Typ A: einfache Frakturen (Zweifragmentfrakturen)
- Typ B: Keilfrakturen
- Typ C: komplexe Frakturen
Klinik
Eine Fraktur im Bereich des Femurschaftes führt zu starken Schmerzen. Die betroffenen Patienten können aufgrund der starken Schmerzen weder den Unterschenkel noch das Knie oder die Hüfte bewegen.
Bei dislozierter Fraktur lässt sich eine Verkürzung des Beines beobachten. In vielen Fällen werden erst- oder zweitgradige offene Frakturen mit Verletzung der umgebenden Weichteile beobachtet. Häufig lassen die äußeren Hautverletzungen nicht das wahre Ausmaß der tieferen Weichteilverletzungen erkennen.
Begleitverletzungen
Aufgrund der ausgeprägten Oberschenkelmuskulatur sind begleitende Nervenverletzungen, insbesondere des Nervus ischiadicus, eher selten. Bei stumpfen Traumen im distalen Abschnitt des Femurs besteht die Gefahr der Verletzung der Arteria femoralis im Adduktorenkanal, welche jedoch eher selten beobachtet wird.
Häufig führt die Femurschaftfraktur zu begleitenden Bandverletzungen im Bereich des Kniegelenks.
Komplikationen
Da die Blutversorgung des Oberschenkelknochens sehr ausgeprägt ist, führt eine Oberschenkelschaftfraktur zu großen Blutverlusten (bis zu drei Litern). Es besteht die Gefahr eines hypovolämischen Schocks.
Weiterhin besteht die Gefahr einer Fettembolie, denn durch die Fraktur kann eine größere Menge fettreichen Knochenmarks in das Blut eingeschwemmt werden und zu Gefäßverschlüssen im Bereich der Lunge, der Haut oder des Gehirns führen.
Postoperativ besteht die Gefahr einer Thrombose und einer Lungenembolie. Achs- und Rotationsfehlstellungen sind ebenfalls möglich.
Sehr selten ist als Frakturfolge auch ein Kompartmentsyndrom des Oberschenkels möglich.[1]
Diagnostik
Bei der körperlichen Untersuchung ist die Überprüfung von Durchblutung, Motorik und Sensibilität (DMS) obligat. Auf Zeichen eines hypovolämischen Schocks sollte geachtet werden.
Die Diagnose einer Femurschaftfraktur wird anhand von Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen gesichert. Da knöcherne Begleitverletzungen im Bereich des Kniegelenks und des Hüftgelenks möglich sind, sollten ebenfalls Röntgenaufnahmen dieser Gelenke angefertigt werden.
Therapie
Die Femurschaftfraktur wird operativ behandelt. Dabei werden in der Regel Marknägel, teilweise in Kombination mit Verriegelungsschrauben, verwendet.
Polytraumatisierte Patienten, Trümmerfrakturen sowie offene Frakturen mit ausgeprägten Weichteilschäden werden primär mit einem Fixateur externe behandelt. Wenn sich der Allgemeinzustand des Patienten gebessert hat, wird der Fixateur durch einen Marknagel ersetzt.
Bei Kindern bis etwa 3 Jahre kann konservativ mittels Becken-Bein-Gips (v.a. unter 6 Monate) oder Extensionsbehandlung therapiert werden. Bei älteren Kindern (bis etwa 14 Jahre) erfolgt eine Osteosynthese mittels ESIN.[2]
Nach der operativen Versorgung der Fraktur sollte das Kniegelenk auf evtl. ligamentäre Begleitverletzungen untersucht werden.
Eine Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin ist obligat.
Prognose
Die Prognose ist in der Regel gut.
Einzelnachweis
- ↑ Holbein et al., Das Kompartmentsyndrom am Oberschenkel mit Ischiadikusparese. Der Unfallchirurg, 2000.
- ↑ Niethard, Pfeil, Biberthaler (Hrsg.), Duale Reihe Orthopädie und Unfallchirurgie. 9., überarbeitete Auflage. Thieme Verlag Stuttgart, 2022.
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