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Lambert-Eaton-Syndrom

Synonym: Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom, Lambert-Eaton-Myasthenisches-Syndrom, LEMS, Pseudomyasthenie Lambert-Eaton-Rooke, Pseudomyasthenie, pseudomyasthenisches Syndrom
Englisch: Lambert-Eaton syndrome, Lambert-Eaton myasthenic syndrome

1. Definition

Das Lambert-Eaton-Syndrom, kurz LES, ist eine Autoimmunerkrankung des peripheren Nervensystems mit großer Ähnlichkeit zur Myasthenia gravis, einer klinisch vergleichbaren, jedoch weitaus häufigeren Erkrankung.

2. Pathophysiologie

Im Rahmen eines Lambert-Eaton-Syndroms ist die Freisetzung von Acetylcholin an cholinergen Synapsen und damit die neuromuskuläre Signalübertragung gestört. Ursache dafür sind Autoantikörper, die präsynaptisch die Dichte von spannungsgesteuerten Calciumkanälen vom Typ P/Q reduzieren, so dass der Einstrom von Calciumionen in die motorische Endplatte vermindert ist. Die Folge ist eine ebenfalls verminderte Freisetzung des Transmitters Acetylcholin an der motorischen Endplatte. Postsynaptisch ist das durch Depolarisation ausgelöste Endplattenpotential zu gering, um ein Aktionspotential an der Muskelfaser zu erzeugen.

Darüber hinaus kann es beim Lambert-Eaton-Syndrom zu autonomen Störungen kommen, da auch an den muskarinergen Synapsen des autonomen Nervensystems die Freisetzung von Acetylcholin beeinträchtigt ist.

3. Ursachen

3.1. Paraneoplastisches Lambert-Eaton-Syndrom

In 50 bis 60 % der Fälle tritt das Lambert-Eaton-Syndrom paraneoplastisch auf, in der Fachliteratur abgekürzt bezeichnet als "PLEMS" oder "TLEMS" (Tumor-LEMS). Am häufigsten handelt es sich dabei um das kleinzellige Bronchialkarzinom (SCLC). Das SCLC bildet an seiner Oberfläche Calciumkanäle (CC) vom Typ P/Q aus. Die Immunabwehr richtet sich nicht nur gegen die CC des Tumors, sondern auch gegen die präsynaptischen spannungsgesteuerten Calciumkanäle (VGCC) vom P/Q-Typ an der motorischen Endplatte.

3.2. Idiopathisches Lambert-Eaton-Syndrom

In den Fällen ohne Tumorassoziation ist der Autoimmunprozess ungeklärt. Das idiopathische Lambert-Eaton-Syndrom ist gehäuft mit weiteren Autoimmunerkrankungen assoziiert, u.a. - jedoch selten - mit der Myasthenia gravis.

4. Symptomatik

Betroffene weisen als Anfangssymptom charakteristischerweise eine beinbetonte Gliedergürtelschwäche auf. Das Fortschreiten der Muskelschwäche erfolgt in der Regel von unten nach oben und von proximal nach distal. Während bei der Myasthenia gravis das Anfangssymptom Augenmuskelparesen und Doppelbilder sind und in vielen Fällen auch das einzige Symptom bleibt (Okuläre Myasthenie), treten Augensymptome beim Lambert-Eaton-Syndrom selten und meist erst im späteren Verlauf der Erkrankung auf.

Weitere Symptome sind:

Wenn Patienten über anhaltende, ggf. sich verschlimmernde Schwierigkeiten beim Treppensteigen oder Aufstehen aus der Sitzposition klagen, sowie über eine reduzierte Gehstrecke, sollte bei der Differenzialdiagnose immer das Lambert-Eaton-Syndrom mit einbezogen werden.

Cave: Beim Lambert-Eaton-Syndrom gibt es untypische Symptome und Verläufe.

5. Diagnose

Die Diagnose des Lambert-Eaton-Syndroms wird nach Anamnese und klinisch-neurologischer Untersuchung vor allem durch die Befunde des Elektromyogramms und Laboruntersuchungen gesichert.

5.1. Neurologische Untersuchung

Bei klinischer Prüfung der Muskelkraft (z.B. Handgriff) nimmt die Maximalkraft bei anhaltender willkürlicher Kraftanwendung über einige Sekunden zu (Lambert-Zeichen), was man als "Inkrement" bezeichnet. Abgeschwächte Muskeleigenreflexe können durch Erzeugung eines "Reflex-Inkrements" (kurz hintereinander wiederholte Reflexhammerschläge) kurzfristig belebt werden.

5.2. Elektromyogramm

Bei wiederholter Reizung eines Muskels kommt es durch die Akkumulation von Acetylcholin zu einer stärkeren Muskelkontraktion, die sich in Form höherer Amplituden bemerkbar macht.

5.3. Labormedizin

Bei ca. 85% der betroffenen Patienten ist der Nachweis von Autoantikörpern gegen Calciumkanäle (VGCC) möglich. Antikörper gegen VGCC Typ P/Q werden auch bei einigen Patienten mit Bronchialkarzinom ohne LEMS-Symptome gefunden und unter anderem auch bei paraneoplastischer Kleinhirndegeneration mit und ohne LEMS.

Antikörper gegen das SOX1-Antigen finden sich bei etwa 70% der Fälle mit PLEMS.

5.4. Bildgebung

Zum Ausschluss eines Bronchialkarzinoms werden Thorax-CT und FDG-PET durchgeführt. Bei paraneoplastischem Verlauf wird das Karzinom in einem Zeitraum von 1 bis 3 Jahren nach dem Auftreten der typischen LEMS-Symptome manifest.

6. Therapie

Bei einem als Paraneoplasie auftretenden Lambert-Eaton-Syndrom ist primär die zugrundeliegende maligne Neoplasie zu therapieren. Der Verlauf ist dann vom Erfolg der Tumortherapie abhängig. Bei erfolgreicher Therapie des Tumors kann es zur kompletten Remission kommen.

Bei idiopathischen Formen kann eine Immunsuppression mittels Glukokortikoiden und Azathioprin die Produktion von Autoantikörpern verringern. Falls ein zufriedenstellender Erfolg ausbleibt, können zusätzlich Immunsuppressiva (z.B. Rituximab) oder eine Plasmapherese versucht werden.

Die Gabe von 3,4-Diaminopyridin kann über eine Blockade von präsynaptischen Kaliumkanälen indirekt die Freisetzung von Acetylcholin steigern. Der Wirkstoff wird zur symptomatischen Behandlung von LEMS und PLEMS eingesetzt.

7. Quiz

8. Bildquelle

  • Bildquelle für Flexikon-Quiz: © Eugene Golovesov / pexels

9. Weblinks

Fachgebiete: Neurologie

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