Jodinduzierte Hyperthyreose
Synonyme: Jod-Basedow-Phänomen, jodinduzierte Thyreotoxikose
Definition
Die jodinduzierte Hyperthyreose ist eine durch übermäßige Jodzufuhr ausgelöste Schilddrüsenüberfunktion. Sie tritt vor allem bei Personen mit vorbestehender Schilddrüsenautonomie oder Morbus Basedow auf und kann in schweren Fällen zu einer thyreotoxischen Krise führen.
Ätiologie
Zu den wichtigsten Ursachen zählen die Gabe jodhaltiger Röntgenkontrastmittel, das Antiarrhythmikum Amiodaron (Amiodaron-induzierte Hyperthyreose) sowie jodhaltige Desinfektionsmittel. Auch jodreiche Nahrungsmittel können einen Überschuss verursachen.
Die Erkrankung betrifft insbesondere ältere Patienten mit knotiger Struma oder funktioneller Autonomie, da in diesen Fällen die physiologische Kontrolle der Hormonproduktion aufgehoben ist. In Regionen mit langjährigem Jodmangel kommt sie häufiger vor, während in Gebieten mit ausreichender Jodversorgung eher jodinduzierte Hypothyreosen beobachtet werden. Nach Kontrastmittelgabe liegt die Inzidenz einer Hyperthyreose bei bis zu 0,25 %. Etwa 38 % der thyreotoxischen Krisen entstehen infolge einer Jodexposition.
Pathophysiologie
Unter normalen Bedingungen reagiert die Schilddrüse auf einen Jodexzess mit dem sogenannten Wolff-Chaikoff-Effekt. Dabei wird die Jodaufnahme in die Schilddrüsenzellen über den Natrium-Jodid-Symporter vorübergehend reduziert, die thyreoidale Peroxidase gehemmt und die Synthese von Schilddrüsenhormonen blockiert. Nach einigen Tagen stellt sich das sogenannte Escape-Phänomen ein, bei dem die Schilddrüse wieder in die normale Hormonproduktion übergeht.
Bei Patienten mit autonomen Arealen versagt dieser Schutzmechanismus. Die autonomen Zellen reagieren nicht auf die hemmende Regulation und nutzen das überschüssige Jod unkontrolliert zur Hormonproduktion. In der Folge steigt die Konzentration der zirkulierenden Schilddrüsenhormone stark an, was eine Hyperthyreose oder, bei schwerer Ausprägung, eine thyreotoxische Krise verursachen kann.
Symptome
Die Symptome entsprechen weitgehend denen anderer Hyperthyreosen. Typisch sind Nervosität, Zittern, Wärmeintoleranz, Schwitzen, Gewichtsverlust, Durchfälle sowie Tachykardien und Herzrhythmusstörungen bis hin zu Vorhofflimmern. Im Extremfall entwickelt sich eine thyreotoxische Krise mit Fieber, Bewusstseinseintrübung und Kreislaufversagen. Etwa 1bis 2 % der Patienten mit manifester Hyperthyreose erleiden eine solche Krise.
Therapie
Zentral ist die Unterdrückung der Hormonproduktion und der weiteren Jodaufnahme. In der Regel werden Thionamide wie Thiamazol in höherer Dosierung (meist 40–80 mg täglich) in Kombination mit Kaliumperchlorat verabreicht, das die Aufnahme von Jod in die Schilddrüse hemmt.
Zur Kontrolle kardiovaskulärer Symptome werden Betablocker, vorzugsweise Propranolol, eingesetzt. In therapieresistenten oder lebensbedrohlichen Fällen kann eine Thyreoidektomie erforderlich sein.
Bei amiodaroninduzierter Hyperthyreose ist, sofern kardiologisch vertretbar, ein Absetzen des Medikaments anzustreben, da dessen hohe Lipophilie und lange Halbwertszeit eine persistierende Jodbelastung verursachen können.
Literatur
- Feldkamp et al., Jodinduzierte Schilddrüsendysfunktion, Medizinische Klinik – Intensivmedizin und Notfallmedizin, 2020
- Leidig-Bruckner, Jodhaltige Kontrastmittel bei Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen, Der Radiologe, 2019