Intraoperatives Floppy-Iris-Syndrom
Englisch: intraoperative floppy iris syndrome
Definition
Das intraoperative Floppy-Iris-Syndrom, kurz IFIS, ist eine mögliche Komplikation der Kataraktoperation.
Hintergrund
Die Katarakt ist eine Linsentrübung mit Auswirkungen auf das Sehvermögen. Kataraktoperationen zählen weltweit zu den häufigsten Operationen, in Deutschland werden ca. 900.000 Operationen pro Jahr durchgeführt. Häufig wird nach minimaler Inzision eine Phakoemulsifikation durchgeführt, bei der die Linse mit Ultraschall zerkleinert und dann abgesaugt wird. Anschließend wird eine Kunstlinse eingesetzt.
Epidemiologie
Die Prävalenz des IFIS steigt mit dem Alter und liegt bei über 80-Jährigen bei > 90 %. Betroffen sind überwiegend Männer, die Tamsulosin einnehmen.
Ätiologie
Das Auftreten eines IFIS ist mit der gleichzeitigen oder vorangegangenen Einnahme der Alpha-1-Rezeptorantagonisten (ARA) Tamsulosin, Alfuzosin und Doxazosin assoziiert. Diese Arzneistoffe werden häufig zur Behandlung des benignen Prostatasyndroms verwendet. Seltener und off label erfolgt auch eine Verabreichung von Tamsulosin bei Frauen mit rezidivierenden Nierenkoliken. Über den Alpha-1-Adrenozeptor wird nicht nur der Tonus der glatten Muskulatur der Harnwege reguliert, sondern auch des Musculus dilatator pupillae. Die Blockade des Rezeptors führt zur unzureichenden Kontraktion des Musculus dilatator pupillae und somit zu einer inadäquaten Erweiterung der Pupille. Eine höhere Rezeptoraffinität erklärt das bis zu 40-fach erhöhte Risiko von Tamsulosin im Vergleich zu Alfuzosin.
Weitere Risikofaktoren sind:
- Alter
- Hypertonie
- Einnahme von Finasterid, AT1-Rezeptorantagonisten, Benzodiazepinen, verschiedenen Antipsychotika
Klinik
Das IFIS ist charakterisiert durch die Trias:
- undulierende Iris: Iris bewegt sich trotz Gabe von Mydriatika bereits bei geringen intraoperativen Flüssigkeitsströmen.
- Irisvorfall: Iris prolabiert durch die operativen Zugänge zur Vorderkammer (trotz sachgerechter Inzision).
- intraoperative progrediente Miosis: trotz Applikation von Mydriatika
Komplikationen
Das IFIS kann vielfältige Komplikationen begünstigen:
- Irisverletzungen
- entrundete Pupille mit Blendempfindlichkeit und schlechterem Nahsehen
- hintere Kapselruptur
- Netzhautablösung
- Verlust von Linsenteilen in den Glaskörperraum
Insgesamt kann das IFIS somit zu einem schlechteren Operationsergebnis mit Beeinträchtigung des Sehvermögens führen.
Prävention
Bei Patienten mit klinischen Hinweisen auf eine Katarakt sollte vor Gabe eines ARA die Wahrscheinlichkeit einer zukünftig notwendigen Kataraktoperation abgeschätzt werden. Tamsulosin muss so früh wie möglich vor der Operation abgesetzt werden.