Kataraktoperation
Synonym: Grauer-Star-Operation
Englisch: cataract surgery
Definition
Die Kataraktoperation ist eine operativer Eingriff in der Augenheilkunde zur Entfernung der eingetrübten Augenlinse bei Katarakt (Grauer Star). In den meisten Fällen wird die Linse durch eine künstliche Intraokularlinse (IOL) ersetzt. Es handelt sich um die weltweit am häufigsten durchgeführte Operation, allein in Deutschland werden pro Jahr ca. 400.000 Katarakte operiert.
Hintergrund
Der Katarakt ist eine degenerative Veränderung der Augenlinse, die zu fortschreitender Linsentrübung und Visusminderung führt. Die einzige kausale Therapie ist die operative Entfernung der Linse. Die Kataraktoperation gilt als sehr effektiv, mit hoher Erfolgsquote und geringer Komplikationsrate.
Indikation
Eine Indikation zur Kataraktoperation besteht bei einer visuellen Einschränkung im Alltag. Dazu zählen eine reduzierte Sehschärfe und Beschwerden wie Blendempfindlichkeit, verminderte Kontrastwahrnehmung oder erschwertes Sehen bei Dunkelheit, die Tätigkeiten wie Lesen, Autofahren oder das Erkennen von Gesichtern beeinträchtigen.
Medizinisch notwendig ist eine Kataraktoperation, wenn die Linsentrübung die Diagnostik oder Therapie anderer Augenerkrankungen verhindert – z.B. bei diabetischer Retinopathie oder Glaukom.
Auch bei linseninduzierten Komplikationen (z.B. Phakolysis, Phakoanaphylaxie, Linsenluxation) ist die Operation indiziert.
Durchführung
Vorbereitung
Die OP erfolgt in der Regel ambulant und unter Lokalanästhesie in Tropfen- oder Gelform. Lokalanästhetika können auch intrakameral in die vordere Augenkammer injiziert werden, seltener retro- oder peribulbär bzw. unter die Tenon-Kapsel. In bestimmten Fällen ist eine Vollnarkose notwendig. Neben der intrakameralen Anästhesie können über diese Zugänge auch Mydriatika zur Pupillenerweiterung und Viskoelastika zur Stabilisierung der Vorderkammer injiziert werden. Mit einem Lidsperrer wird das Auge offen gehalten. Bei allen folgenden Verfahren arbeitet der Operateur mit einem Operationsmikroskop.
Operationstechniken
Zur Durchführung einer Kataraktoperation kommen folgende Techniken zum Einsatz:
- Extrakapsuläre Kataraktextraktion (ECCE)
- Intrakapsuläre Kataraktextraktion (ICCE) mit Kryoextraktion (kaum noch in Anwendung)
- Phakoemulsifikation durch Ultraschallsonde
Bis in die 1990er Jahre wurde als Standardverfahren die ECCE angewendet, heute gilt die Phakoemulsifikation mit anschließender Hinterkammerlinsenimplantation als Goldstandard.
Extrakapsuläre Kataraktextraktion (ECCE)
Zunächst wird der Augapfel über die Bindehaut mittels dünnem Schnitt eröffnet. Anschließend wird die Linse im Ganzen oder in mehreren manuell erzeugten Fragmenten durch einen etwa 7–10 mm langen korneoskleralen Schnitt entfernt. In die verbleibende Linsenkapsel wird danach eine Kunstlinse eingesetzt. Nach der Implantation muss im Schnittbereich eine Naht gesetzt werden. Dies ist im Regelfall eine Kreuzstichnaht, die mit nicht resorbierbaren Fäden erfolgt.
Phakoemulsifikation
Zu Beginn werden zwei Parazentesen angelegt und ein Tunnel präpariert. Die Breite variiert je nach Faltlinsentyp von ca. 2,5 – 3,2 mm. Im Folgenden wird das vordere Blatt der Linsenkapsel kreisförmig eröffnet (zirkuläre Kapsulorhexis). Nach Entfernung des Vorderblattes erfolgt eine Hydrodissektion von Linsenkern und -rinde durch die Injektion von balancierter Kochsalzlösung (BSS). Durch Rotation erfolgt die Mobilisation des Linsenkerns, der dann mittels Ultraschall zerstäubt und abgesaugt werden kann. Es verbleibt der klare, leere Kapselsack, der noch poliert wird. In diesem wird anschließend die Kunstlinse platziert.
Die winzigen Schnitte werden durch Erzeugen eines Hornhautödems abgedichtet. Eine chirurgische Naht ist bei diesem Operationsverfahren in den meisten Fällen nicht notwendig.
Erweiterte Operationsverfahren
Weiterentwicklungen umfassen den Einsatz von Femto-Laser-assistierter Kataraktoperation (FLACS), die Teilschritte beim Verfahren der Phakoemulsifikation unterstützen können. Der potenzielle Nutzen der Lasersysteme wird kontrovers diskutiert. In Deutschland handelt es sich derzeit (2025) um eine Selbstzahlerleistung.
Auswahl der Intraokularlinse
Die meisten IOLs bestehen aus Acryl- oder Silikonmaterialien. Seltener werden starre, nicht faltbare Linsen aus PMMA eingesetzt.
Standardmäßig kommen monofokale Linsen zum Einsatz, die nur einen Brennpunkt besitzen. Die Zielrefraktion wird dabei so gewählt, dass entweder ein scharfes Sehen in der Ferne ("emmetrope Zielrefraktion") oder ein Sehen in der Nähe ("myope Zielrefraktion") ermöglicht wird. In beiden Fällen ist nach der Operation in der Regel weiterhin eine Brille für bestimmte Distanzen erforderlich.
Wird beidseitig operiert, kann durch eine leicht unterschiedliche Zielrefraktion eine sogenannte Monovision ("Goetheblick") erreicht werden: Das dominante Auge wird für die Ferne, das nicht-dominante für die Nähe eingestellt. Der Unterschied sollte dabei jedoch nur gering sein, um eine Störung des Binokularsehens zu vermeiden.
Für Patienten mit dem Wunsch nach größtmöglicher Brillenunabhängigkeit stehen multifokale Linsen (insbesondere trifokale Modelle) sowie EDOF-Linsen ("extended depth of focus") zur Verfügung. Diese ermöglichen ein erweitertes Spektrum an Sehentfernungen, können jedoch vermehrt optische Nebenwirkungen wie Halos oder Glare verursachen.
Weitere Speziallinsen sind:
- Asphärische Linsen: Verbesserung des Kontrastsehens, Reduktion von Blendungsphänomenen
- Torische Linsen: Korrektur eines präoperativ bestehenden Astigmatismus
Komplikationen
| Komplikation | Maßnahmen |
|---|---|
| intraoperativ | |
| Vis-à-tergo (erhöhter Glaskörperdruck) | Intravenöse Gabe von Diamox oder Mannitol; im äußersten Notfall chirurgische Kanthotomie |
| Hinterkapselruptur mit oder ohne Glaskörperverlust | Verzicht auf Kapselpolitur; ggf. vordere Vitrektomie mit Vitrektom |
| Zonulolyse | Verzicht auf Kapselpolitur; ggf. Einsetzen eines Kapselspannrings |
| Kern- oder Rindenfragmentverlust in den Glaskörperraum | Vitrektomie mit Entfernung von Rinden- bzw. Kernresten mittels Vitrektom |
| postoperativ | |
| Wundfistel | Therapeutische Kontaktlinse; ggf. Wundrevision mit Nahtnachlegung |
| Augeninnendruckerhöhung (meist vorübergehend) | Zunächst Senkung durch lokale Antiglaukomatosa; ggf. Diamox oral |
| Hornhautdekompensation durch Endothelschädigung (prä- oder intraoperativ) | Entquellende Lokaltherapie (z.B. Adsorbonac-Augentropfen); ggf. Hornhauttransplantation |
| Zystoides Makulaödem ("Irvine-Gass-Syndrom") | Lokale Therapie mit antiphlogistischen und kortisonhaltigen Augentropfen; ggf. zusätzliche orale Therapie |
| Iriscapture (Verlagerung der Optik/Haptik der IOL vor das Irisdiaphragma) | Mydriasis mit Lagerungsmanöver oder chirurgische Reposition; anschließend Miosis |
| Lidsperrerbedingte aponeurotische Ptosis | Chirurgische Korrektur |
| Endophthalmitis | Vitrektomie, Spülung und Antibiose (intraokular und systemisch) nach Antibiogramm |
Prognose
Die Kataraktoperation ist sehr effektiv. In ca. 90 % wird eine deutliche Sehverbesserung erreicht. Komplikationen treten in weniger als 5 % der Fälle auf (schwere Komplikationen wie Endophthalmitis nur in 0,1 % der Fälle).