Hufknorpelverknöcherung (Pferd)
Synonyme: Hufknorpelossifikation, Ossificatio cartilaginis ungularis
Englisch: ossification of the cartilages of the foot, ossification of the ungular cartilages
Definition
Als Hufknorpelverknöcherung oder Ossificatio cartilaginis ungularis bezeichnet man die progressive Verknöcherung (Ossifikation) des Hufbeinastes und des darauf sitzenden Knorpels.
Vorkommen
Hufknorpelverknöcherungen kommen bei Kaltblutpferden und Fahrpferden am lateralen Hufknorpel, bei Reitpferden vorwiegend am medialen Hufknorpel vor. Die Verknöcherung findet bei Pferden aller Altersklassen statt und ist vermehrt an den Vordergliedmaßen anzutreffen.
Ätiologie
Bei Kaltblutpferden ist die bodenenge, bei Warmblutpferden hingegen die bodenweite Stellung der Zehen für die Entstehung der Hufknorpelverknöcherung verantwortlich.
Pathogenese
Aufgrund von Achsenabweichungen in der Gliedmaßenstellung kommt es insbesondere bei schnellen Gangarten (Trab, Galopp) auf harten Böden zu stärkeren Belastungen der verschiedenen Hufbeinabschnitte:
- Bodenweite/zehenenge Stellung: Verstärkte Belastung des lateralen Hufabschnitts
- Bodenweite/zehenweite Stellung: Verstärkte Belastung des medialen Hufabschnitts
Durch ungleiche Druckverhältnisse und Überbelastungen entwickelt sich eine chronische, aseptische und produktive Entzündung (Ositits und Periostitis) des Hufbeinastes, die dann auf den Hufknorpel übergreift. Das Fortschreiten der Hufknorpelverknöcherung wird durch die sich ständig wiederholende Zerrung der am Hufknorpel inserierenden Bänder unterstützt. Es entstehen Insertionsdesmopathien, die ebenso in einen Verknöcherungsprozess übergehen.
Die Verknöcherungen können als Metaplasien des fibrösen Knorpels inselförmig im Knorpel oder auch im Bandapparat entstehen. Durch eine zusätzliche Beteiligung des Perichondriums wird vermehrt neues Knochengewebe angelagert.
Klinik
Zu Beginn der Verknöcherungen bestehen meist keine Symptome. Die Erkrankung kann monate- bzw. jahrelang ohne Lahmheit voranschreiten. Die Verknöcherungsprozesse müssen ein gewisses Maß erreicht haben, bevor sie klinisch werden. Die Lahmheiten treten dann vermehrt auf hartem Boden auf. Betroffene Pferde zeigen aufgrund der Beeinflussung des Hufmechanismus einen stumpfen Gang, der sich auf weichem Boden verringert oder ganz verschwindet. Manche Pferde laufen sich regelrecht ein, sodass nach einiger Zeit keine Lahmheit mehr zu erkennen ist.
Die Symptome hängen stark vom Schweregrad der Verknöcherung ab. Hochgradige Verknöcherungen umfassen als Knochenspangen schalenartig das Kronbein, Krongelenk und das Hufgelenk. Durch die Knochenzubildungen entsteht ein mechanisches Hindernis, das eine gering- bis mittelgradige Lahmheit hervorruft. Die Hufknorpelbänder weisen eine Insertionsdesmopathie auf, welche die Ausbildung einer Arthrose und Periarthritis des Krongelenks (Krongelenkschale) unterstützen.
Die Trachten werden bei einer Hufknorpelverknöcherung zunehmend höher und an der aufgehobenen Gliedmaße ist die Elastizität der Hufknorpel verloren gegangen. Der Huf zeigt eine vermehrt stumpfe Form.
Differenzialdiagnosen
Als Differenzialdiagnosen kommen v.a. Arthrosen und Periarthritiden des Huf- und Krongelenks in Betracht.
Diagnose
Anamnese, klinische sowie orthopädische Untersuchung, in Kombination mit Röntgenuntersuchungen, geben Hinweise auf eine Hufknorpelverknöcherung.
Die Diagnose wird mittels Leitungsanästhesien gesichert:
Leitungsanästhesie | Nerv | Indikation |
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Ramus-pulvinus-Anästhesie (RPA) | Ramus palmaris des Nervus digitalis palmaris |
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Tiefe Palmar- bzw. Plantarnerven-Anästhesie (TPA) | Nervus digitalis palmaris |
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Mittlere Palmar- bzw. Plantarnerven-Anästhesie (MPA) | Nervus palmaris |
|
Therapie
Asymptomatische Hufknorpelverknöcherungen können durch orthopädische Maßnahmen in ihrem Fortschreiten verlangsamt werden. Hierzu muss der Huf sachgemäß zubereitet und ein dem Verwendungszweck angepasster Hufbeschlag verwendet werden.
Besteht bereits eine Lahmheit, können neben orthopädischen Maßnahmen feuchtwarme Hufumschläge zu einer Besserung führen. Eine Wiederherstellung der anatomischen Verhältnisse ist nicht mehr möglich. Bleiben die Schmerzen trotz konservativer Maßnahmen bestehen, kann eine Neurektomie des Nervus digitalis palmaris auf der betroffenen Seite in Erwägung gezogen werden.
Literatur
- Brehm W., Gehlen H., Ohnesorge B. et al., Hrsg. Handbuch Pferdepraxis. 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag; 2016.
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