Hoflund-Syndrom (Rind)
nach Sven Axel Hoflund (1906 bis 1979), schwedischer Professor für Veterinärmedizin an der Universität Stockholm
Synonyme: Funktionelle Stenose, Funktionelle Magenstenose
Englisch: Hoflund syndrome, Hoflund's syndrome
Definition
Ätiologie
Die genaue Ursache der Erkrankung ist derzeit (2019) noch nicht geklärt, sodass mehrere Theorien zur Entstehung des Hoflund-Syndroms existieren. Es wird angenommen, dass es durch eine Schädigung des ventralen Astes des Nervus vagus (X) im Abdomen ausgelöst wird. Die distal von der Läsion gelegenen Anteile des Nervus vagus versorgen so die entsprechenden Organe nicht mehr ausreichend mit parasympathischen Fasern, weshalb ihre Funktion mehr oder weniger stark gestört ist. Im Gegensatz dazu soll es im Bereich der von den proximalen Anteilen (des Nervus vagus) innervierten Organe reflektorisch zu einer erhöhten Vagotonie kommen. Diese Theorie stützt sich hauptsächlich auf Ergebnisse experimenteller Vagotomien.
Eine Schädigung des Nervus vagus wird entweder direkt durch penetrierende Fremdkörper oder durch die daraus resultierenden Entzündungsprozesse (Peritonitis sowie Abszessbildung an der rechten Haubenwand) verursacht. Zusätzlich geht man davon aus, dass das Krankheitsbild auch alleine durch die aufgrund von Fibrinausschwitzungen resultierenden Motorikstörungen (Verklebungen der Organe) entstehen kann.
Pathogenese
Durch einen Funktionsverlust des Nervus vagus bzw. seiner efferenten Fasern kommt es zu einer Störung der Sortierfähigkeit der Haube. Unter physiologischen Bedingungen entlässt die Haube nur hinreichend zerkleinerte Futterpartikel in den Psalter (Blättermagen). Bei einer Störung gelangen auch gröbere Futteranteile dorthin und so auch in den anschließenden Labmagen (Abomasum). In weiterer Folge kommt es zu einer Verlegung des Pylorus (Pars pylorica). Der Anschoppungsprozess erfolgt in zwei Abschnitten: Nach dem Verlegen des Pylorus (hintere funktionelle Stenose) wird auch die Hauben-Psalter-Öffnung (Ostium reticulo-omasicum) mit unzureichend zerkleinerten Futterpartikel aufgefüllt (vordere funktionelle Stenose).
Durch die hintere funktionelle Stenose fließt stark salzsäurehaltiger Labmageninhalt in den Hauben- und Pansenraum. Aufgrund der Ansäuerung kommt es in diesen Vormagenabteilungen zu einem drastischen pH-Abfall mit gleichzeitigem Anstieg der Cl--Konzentration. Im distalen Verdauungstrakt hingegen bleibt der übliche Austausch von Cl-- gegen HCO3--Ionen aus, woraus sich eine metabolische hypochlorämische Alkalose entwickelt.
In weiterer Folge kommt es zu Inappetenz mit mangelhafter Futteraufnahme sowie einer Verschiebung von K+-Ionen vom Extrazellulärraum in den Intrazellulärraum, weshalb zusätzlich eine Hypokaliämie entsteht.
Klinik
Betroffene Tiere entwickeln eine stetig zunehmende Inappetenz (bis hin zur Anorexie) bei gleichzeitig deutlich verringertem Kotabsatz. Das Abdomen treibt auf, sodass der Querschnitt auf der rechten Körperhälfte wie eine halbe Birne (engl. "pear") und auf der linken Körperhälfte wie ein halber Apfel (engl. "apple") aussieht ("papple shape").
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostisch müssen andere mechanische Stenoseursachen ausgeschlossen werden, wie z.B. eine Verlegung der Hauben-Psalter-Öffnung durch eine gefressene Nachgeburt oder Fremdkörper.
Diagnostik
Anhand der Anamnese (zunehmende Inappetenz und abnehmendes Kotvolumen) sowie der klinischen Erscheinungen (Körperform) kann eine Diagnose gestellt werden. Bei wertvollen Tieren kann im Zweifelsfall eine diagnostische Laparoruminotomie durchgeführt werden.
Therapie
Durch eine Entleerung der Vormägen und die Korrektur von Flüssigkeits- und Elektrolytstörungen kann eine Besserung des Krankheitsbildes erzielt werden. Der Nutzen einer temporären Pansenfistel wird noch diskutiert.
Prognose
Die Prognose ist mit vorsichtig bis schlecht anzugeben. Da noch keine zuverlässigen prognostischen Indikatoren bekannt sind, sollte entweder gleich zur Schlachtung angeraten oder eine versuchsweise Behandlung gestartet werden.