Hodentorsion (Pferd)
Synonyme: Hodenverdrehung, Samenstrangdrehung
Englisch: testicular torsion
Definition
Als Hodentorsion bezeichnet man die partielle oder vollständige Drehung (Torsion) des Hodens um seinen Samenstrang (Funiculus spermaticus) beim Hengst.
Ätiopathogenese
Die genauen Auslöser einer Hodentorsion sind bislang (2021) nicht bekannt, es handelt sich demnach um eine idiopathische Erkrankung.
Einteilung
...nach der Lokalisation
...nach der Dauer
...nach dem Schweregrad
- unvollständig (< 180°)
- vollständig (> 180°)
Das klinische Bild sowie das Ausmaß der Gewebsschädigung hängt dabei stark von der Dauer und vom Schweregrad der Torsion ab. Bei einer vollständigen und länger bestehenden Torsion kommt es zur kompletten Unterbrechung der Blutversorgung des Hodens. Da sowohl der arterielle Zu- als auch venöse Abfluss sistieren, bildet sich rasch ein skrotales Ödem, die mit massiven Schmerzen und im Verlauf mit Nekrosen einhergeht.
Klinik
Torsionen bis 180° sind häufig klinisch inapparent und werden daher oftmals nur als Zufallsbefund diagnostiziert. Bei der skrotalen Palpation kann anhand der Lage des Nebenhodens zum Hoden die Schwere der Torsion abgeschätzt werden. Der Nebenhodenschwanz wandert mit zunehmender Drehung nach lateral, sodass dieser bei einer vollständigen Torsion kranial im Skrotum zum liegen kommt. Da habituelle Hodentorsionen nicht mit Durchblutungsstörungen einhergehen, entwickelt sich auch kein Ödem. Bei diesen Tieren ist die Samenqualität nicht beeinträchtigt. Bei habituellen Torsionen verändert sich die Lage des Hodens oftmals von alleine, sodass er wieder in seine ursprüngliche Positon zurückkehrt. Hengste, die rezidivierend an habituellen Hodentorsionen leiden, zeigen gelegentlich Koliken und plötzlichem Leistungsabfall, v.a. bei schneller Vorwärtsbewegung (z.B. Trab- oder Galopparbeit).
Schwerwiegende Drehungen hingegen führen aufgrund der Durchblutungsstörungen zu massiven Schmerzen, einer venösen Stauung mit Hoden- und Skrotalödem und hämorrhagischer Infarzierung von Hoden und Nebenhoden. Diese Torsionen treten meist unilateral und perakut bis akut auf und gehen mit massiven Koliksymptomen einher.
Differenzialdiagnosen
Als Differenzialdiagnosen müssen mittels rektaler Palpation des Inguinalrings eine Inguinal- sowie Skrotalhernie ausgeschlossen werden.
Diagnose
Unvollständige Torsionen lassen sich oftmals palpatorisch feststellen. Der Nebenhoden befindet sich hierbei lateral im Skrotum, wobei keine Schmerzen oder Schwellungen beobachtet werden können. Vollständige Drehungen erschweren aufgrund der Schmerzhaftigkeit und des Ödems die Palpation (Hoden und Nebenhoden sind nach dorsal verlagert).
Therapie
Unvollständige und asymptomatische Torsionen sind in der Regel nicht therapiewürdig. Bei vermuteten Leistungseinbußen aufgrund einer unvollständigen Torsion kann eine Orchidopexie durchgeführt werden.
Bei einer vollständigen Drehung des Samenstrangs und damit einhergehender Symptomatik ist eine sofortige Notfalloperation durchzuführen. Aufgrund der starken Schädigung des betroffenen Hodens ist eine unilaterale Kastration häufig unumgänglich. Da es am verbleibenden Hoden zu einer kompensatorischen Zunahme der Spermatogeneseleistung kommt, ist die Fruchtbarkeit von Zuchthengsten in der Regel nur wenig beeinträchtigt.
Literatur
- Aurich C (Hrsg.). 2009. Reproduktionsmedizin beim Pferd. Gynäkologie - Andrologie - Geburtshilfe. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Parey-Verlag. ISBN: 978-3-8304-4179-3
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