Transposon
Englisch: transposon, transposable element, "jumping gene"
Definition
Transposons sind mobile DNA-Abschnitte im Genom. Sie können durch Transposition ihren Standort im DNA-Strang ändern.
Hintergrund
Ca. 40 bis 45 % des menschlichen Genoms bestehen aus beweglichen DNA-Elementen. Entgegen der früher gängigen Annahme, dass es sich um funktionslose "junk DNA" handelt, erfüllen die Transposons verschiedene Funktionen. Sie zählen zu den verstreuten repetitiven DNA-Abschnitten.
Einteilung
Transposons können in Retrotransposons und DNA-Transposons unterteilt werden. Während Retrotransposons über ein RNA-Intermediat vermehrt werden ("copy and paste"-Mechanismus), werden DNA-Transposons ausgeschnitten und an anderer Stelle wieder eingefügt ("cut and paste"-Mechanismus).
Retrotransposons
Die Retrotransposons stellen drei der vier Transposonklassen im menschlichen Genom dar. Angelehnt an die Mechanismen der reversen Transkriptase kommt auch der Namensteil "Retro" zustande.
Nach aktuellem Stand der Forschung sind Retrotransposons Überbleibsel von DNA-Stücken aus Retroviren, die in der infizierten Zelle zurückgeblieben sind und ins Genom integriert wurden. Man unterscheidet bei den Retrotransposons abhängig vom Mechanismus der Retrotransposition zwischen autonomen und nicht-autonomen Retrotransposons.
Abhängig von Größe und Aufbau werden Retrotransposons in die drei folgenden Klassen eingeteilt:
- long interspersed nuclear elements (LINEs)
- LTR-Retrotransposons
- short interspersed nuclear elements (SINEs)
LINEs
LINEs machen ca. 20 % des menschlichen Genoms aus und zählen zu den autonomen Transposons. Sie kodieren die Enzyme, die für die Retrotransposition benötigt werden.
Innerhalb der LINE-Familie unterscheidet man weiter zwischen LINE1, LINE2 und LINE3, wobei L1 den mengenmässig größten Anteil ausmacht.
Medizinisch ist die L1-Familie von großer Bedeutung, da einige Erkrankungen darauf zurückzuführen sind, dass bestimmte Gene durch Transposition von L1-Elementen aktiviert oder auch inaktiviert werden.
L1- Elemente umfassen zwei offene Leserahmen (ORF1 und ORF2). ORF1 hat eine Länge von rund 1 kb und kodiert das Protein P40. ORF2 umfasst etwa 4 kb und kodiert ein bifunktionelles Protein mit Endonuklease- und Transkriptaseaktivität.
LTR-Retrotransposons
LTR steht für "long terminal Repeats" was bedeutet, dass diese Transposongruppe von identischen Sequenzen umschlossen ist. Es gibt autonome und nicht-autonome LTR-Retrotransposons. Die humanen endogenen retroviralen Sequenzen (HERV) stellen den autonomen Anteil dar und kodieren die Reverse Transkriptase Pol. Die LTR-Retrotransposons machen einen Anteil von ca. 5 % im Genom aus und sind nicht mehr aktiv, d.h. es findet keine Transposition mehr statt.
Prominenter Vertreter eines infektiösen LTR-Retrotransposons ist das HI-Virus.
SINEs
SINEs sind nicht autonome Transposons, die keine Proteine kodieren. Sie machen im Genom einen Anteil von ca. 10 bis 15 % aus.
Wichtigster Vertreter ist die sogenannte ALU-Familie, die nach dem Restiktionsenzym ALU1 benannt ist. ALU-Elemente bestehen aus zwei Tandem Repeats, die durch eine AT-reiche Sequenz getrennt sind.
ALU-Repeats weisen einen hohen Cytosin/Guanosin-Anteil auf.
DNA-Transposons
Die vierte Klasse, die DNA-Transposons, machen einen Anteil von ca. 3 % im Genom aus. Sie kodieren eine Transposase, zeigen jedoch beim Menschen keine Transpositionsaktivität mehr an.
Funktion
Transposons erfüllen verschiedene Funktionen. Sie erhöhen zum einem die genetische Diversität und können so zur Evolution von Organismen beitragen. Weiterhin können sie als regulatorische Elemente fungieren und die Expression benachbarter Gene modulieren.
Klinik
Aufgrund der Fähigkeit, sich theoretisch unbegrenzt zu vermehren, muss die Transposition autonomer Retrotransposons durch verschiedene Mechanismen reguliert werden. Sind diese gestört, kommt es zur pathologischen Aktivierung. Insbesondere die Aktivierung von LINE-1 und HERV haben eine Relevanz bei der Ätiopathogenese von entzündlichen und degenerativen Erkrankungen (z.B. bei der amyotrophen Lateralsklerose und der multiplen Sklerose).
Quellen
- Saleh et al., Transposable Elements, Inflammation, and Neurological Disease, Front Neurol, 2019