Aspirationskatheter
Definition
Ein Aspirationskatheter ist ein medizinisches Instrument zur Entfernung von Flüssigkeiten, Gewebeteilen oder Fremdmaterialien aus Körperhöhlen, Gefäßen oder Organen durch Unterdruck. Er wird in verschiedenen Fachgebieten eingesetzt, insbesondere in der interventionellen Radiologie, Kardiologie und Neurochirurgie.
Aufbau
Aspirationskatheter bestehen aus einem flexiblen Kunststoffschlauch (z. B. aus Polyurethan oder PTFE), der über einen Luer- oder Hub-Adapter mit einer Absaugvorrichtung (z. B. Spritze oder Unterdruckpumpe) verbunden wird. Je nach Einsatzgebiet variiert der Durchmesser deutlich. In der Gefäßintervention liegen die Innendurchmesser typischerweise zwischen 0,035 und 0,071 Zoll. Die Katheterspitze ist zur Minimierung des Gefäßtraumas konisch, weich oder abgerundet ausgeformt. Moderne Modelle sind häufig mit hydrophilen Beschichtungen versehen, um die Gleitfähigkeit zu erhöhen und eine mechanische Irrritation des Gewebes zu vermeiden.
Funktionsprinzip
Das Funktionsprinzip beruht auf der Aspiration durch Unterdruck: Nach Positionierung der Katheterspitze in unmittelbarer Nähe des Zielmaterials (z. B. Thrombus, Sekret) wird durch manuelle oder mechanische Sogkraft ein Druckgradient erzeugt, der das Material in das Lumen des Katheters zieht und entfernt.
Anwendungsgebiete
- Neuroradiologie: Aspiration von Thromben bei ischämischem Schlaganfall im Rahmen der Neurothrombektomie (z. B. „Direct Aspiration First Pass Technique“, ADAPT)
- Kardiologie: Entfernung von Thromben bei akuten Koronarokklusionen
- Pulmologie / Intensivmedizin: Absaugung von Sekreten oder Fremdkörpern aus den Atemwegen
- Chirurgie: Evakuation von Flüssigkeiten oder Hämatomen aus Körperhöhlen
Anwendung
Die Applikation erfolgt meist über ein Einführsystem (z. B. Mikrokatheter oder Führungskatheter). Nach radiologischer oder endoskopischer Kontrolle wird der Aspirationskatheter bis zum Zielort vorgeschoben, danach über eine Spritze (z. B. 60 ml) oder eine Vakuumpumpe aspiriert. Bei der Schlaganfalltherapie wird die Aspiration häufig mit Stent-Retrievern kombiniert („Solumbra-Technik“).
Komplikationen
Mögliche Komplikationen sind Gefäßdissektionen, Gefäßspasmen, Embolisierungen durch Fragmentierung des Materials, Gefäßperforationen sowie technische Fehlfunktionen wie Katheterverschluss oder Materialabriss.
Beispiele
Je nach Einsatzbereich werden unterschiedliche Systeme verwendet:
- Neurointervention: Penumbra ACE™, Medtronic React™, Terumo SOFIA®
- Kardiologie: Export™ Advance (Medtronic), Aspirex™ (Straub Medical)
Literatur
- Turc G, Bhogal P, Fischer U et al. European Stroke Organisation (ESO) – European Society for Minimally Invasive Neurological Therapy (ESMINT) Guidelines on Mechanical Thrombectomy in Acute Ischemic Stroke. J Neurointerv Surg 2023; 15(8): e8. doi:10.1136/neurintsurg-2018-014569
- Wei D, Mascitelli JR, Nistal DA et al. The Use and Utility of Aspiration Thrombectomy in Acute Ischemic Stroke: A Systematic Review and Meta-Analysis. AJNR Am J Neuroradiol 2017; 38(10): 1978–1983. doi:10.3174/ajnr.A5309
- Medtronic (2024): Export™ Advance Aspiration Catheter – Product Information. [1]