Mechlorethamin
Handelsname: Mustargen®
Synonyme: Chlormethin, Chlormethinhydrochlorid, Chlormethini hydrochloridum, Stickstofflost, N-Lost
Definition
Mechlorethamin ist ein zytostatisch wirkender Arzneistoff auf Stickstofflost-Basis. Er gehört zur Gruppe der Alkylantien und wird v. a. in der Chemotherapie des Morbus Hodgkin eingesetzt.
Geschichte
Die dem Arzneimittel zugrundeliegenden Stickstoffloste wurden bereits während des Ersten Weltkrieges als Giftgas eingesetzt. Im Zweiten Weltkrieg konnte in Tierversuchen nachgewiesen werden, dass die Verbindungen zu einer Remission von Lymphosarkomen führten, welche den Labormäusen zuvor transplantiert wurden. Die Bekanntheit als chemischer Kampfstoff zwang die Wissenschaftler jedoch zu einer langzeitigen Geheimhaltung ihrer Erkenntnisse.
Chemie
Mechlorethamin ist eines von drei Stickstofflosten. Das Grundgerüst besteht daher aus einem Stickstoffatom, das über Kohlenwasserstoffketten mit zwei Chloratomen verbunden ist. Der zentrale Stickstoff ist weiterhin mit einer Methylgruppe assoziiert. Die chemische Summenformel des Wirkstoffes lautet:
- C5H11Cl2N
Bei Zimmertemperatur liegt die Verbindung in flüssiger Form vor. Der Schmelzpunkt befindet sich bei rund -60 °C.
Wirkungsmechanismus
Als Alkylans entfaltet Mechlorethamin seine zytotoxische Wirkung in erster Linie durch den Einbau von Alkylgruppen in die DNA. Ist eine bestimmte Menge dieser Gruppen im Erbgut erreicht, wird dieses als beschädigt erkannt. Infolgedessen unterbleibt eine weitere Mitose der betroffenen Zelle. Hochdosiert vermögen Alkylantien auch die kovalenten Bindungen der DNA zu zerstören, Doppelstrangbrüche herbeizuführen und DNA-Stränge fehlerhaft miteinander zu verknüpfen. Die therapeutische Wirkung beruht auf einer Kombination dieser Mechanismen und tritt insbesondere bei Zellen mit hoher Mitoserate auf.
Pharmakologie
Der Wirkstoff wird kurz nach Aufnahme in den Organismus in einen hochwirksamen Metaboliten umgebaut. Die Ausscheidung erfolgt über die Nieren.
Indikationen
- Morbus Hodgkin (palliative Chemotherapie)
- Lymphosarkom
- Lungenkrebs
- Leukämie (Therapie zweiter Wahl)
- Mycosis fungoides (lokale Behandlung)
Darreichungsform
Zur Behandlung der onkologischen Erkrankungen wird Mechlorethamin intravenös als Infusion verabreicht. Gegen Mycosis fungoides wird der Wirkstoff als Salbe angewendet.
Nebenwirkungen
- Übelkeit
- Erbrechen
- Appetitlosigkeit
- Blutbildungsstörungen
- Schwäche
- Durchfall
- Schwerhörigkeit
- Haarausfall
- erhöhte Infektanfälligkeit durch immunsuppressive Wirkung
- sekundäre Amenorrhoe
Wechselwirkungen
Durch den immunsuppressiven Effekt von Mechlorethamin kann eine Lebendimpfung eine gefährliche Infektion auslösen.
Kontraindikationen
- Infektionen
- Anämie
- Leukopenie
- Thrombozytopenie
- bereits bestehende Knochenmarksdepression
- Schwangerschaft im ersten und zweiten Trimenon, da Mechlorethamin fetale Missbildungen hervorrufen kann