Divertikulitis
Englisch: diverticulitis
Definition
Unter einer Divertikulitis versteht man die Entzündung eines Divertikels. Im engeren Sinn ist damit vor allem die Entzündung von Divertikeln des Colons gemeint. Eine Divertikulitis anderer Darmteile (z.B. Dünndarmdivertikulitis) ist selten.
ICD10-Code: K57.0 - K57.9
Einteilung
...nach Verlauf
- akute Divertikulitis
- chronische Divertikulitis
...nach Komplikationen
- unkomplizierte Divertikulitis
- komplizierte Divertikulitis
Die komplizierte Divertikulitis wird durch die Hinchey-Klassifikation in vier Stadien unterteilt.
Pathogenese
Eine Divertikulitis entsteht vermutlich dadurch, dass Stuhl bzw. schwer verdauliche Nahrungsreste Druckläsionen der verdünnten Divertikelwand erzeugen. Von dort aus können sich bakterielle Infektionen in das umgebende Bindegewebe ausbreiten und eine Peritonitis auslösen.
Dieser Prozess ist vor allem im Alter häufig die Ursache für das Entstehen eines akuten Abdomens mit Perforation und kann zu Verwechslungen mit einer akuten Appendizitis Anlass geben.
Epidemiologie
Eine Divertikulitis erleiden in der Regel ältere Patienten, zunehmend sind aber auch jüngere Erwachsene (20 bis 45 Jahre) betroffen. Die Wahrscheinlichkeit zu erkranken, steigt mit der Anzahl der vorhandenen Divertikel. Zwischen 10 und 25 % aller Patienten mit einer Divertikulose erleiden im Laufe ihres Lebens eine Divertikulitis.
Am häufigsten (ca. 95 % der Patienten) ist in Europa und Amerika das Sigmoid betroffen (Sigmadivertikulitis), in Asien das rechtsseitige Kolon.
Symptome
Die klassische Symptom-Trias der Divertikulitis besteht aus:
- Abdominalschmerz (meist linker Unterbauch)
- Fieber
- Leukozytose
Als zusätzliche Symptome können Nausea, Diarrhoe oder auch Obstipation auftreten. Die Einteilung der klinischen Symptomatik nach Schweregraden wird gemäß der Klassifikation nach Hansen und Stock vorgenommen. Aufgrund der ähnlichen Symptomatik wird die Sigmadivertikulitis auch als "Linksappendizitis" bezeichnet.
Diagnostik
- Klinische Untersuchung (Druckschmerzhafte "Walze" im linken Unterbauch)
- Sonografie (Suche nach wandverdickten Kolonabschnitten und freier Flüssigkeit)
- Computertomografie des Abdomens
Die Kontrastmitteldarstelllung des Darms bietet deutlich weniger Informationsgewinn als die Computertomografie bei ähnlicher Strahlenbelastung und wird daher nicht mehr durchgeführt. In der akuten Phase besteht bei einer Koloskopie ein erhöhtes Perforationsrisiko.
Die Ergebnisse der apparativen Diagnostik erlauben zusammen mit der Klinik die Stadienzuordnung in der CDD-Klassifikation.
Differentialdiagnosen
Neben urologischen und gynäkologischen Erkrankungen sollte an folgende Differentialdiagnosen gedacht werden:
- Kolonkarzinom
- Ischämische Kolitis
- Reizdarmsyndrom
- Appendizitis
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
- Idiopathische myointimale Hyperplasie mesenterialer Venen
Therapie
Unkomplizierte Divertikulitis
Die akute unkomplizierte Divertikulitis wird konservativ therapiert. Dazu zählt die Darmentlastung durch strenge Diät bei Sicherung der Flüssigkeitszufuhr.
Bei einer akuten unkomplizierten linksseitigen Divertikulitis mit vorliegenden Risikoindikatoren (chronische Nierenerkrankungen, Immunsuppression, arterielle Hypertonie, allergische Disposition) für einen komplizierten Verlauf wird eine antibiotische Therapie empfohlen. Falls keine Risikoindikationen für einen komplizierten Verlauf vorliegen, kann unter der Voraussetzung einer engmaschigen klinischen Kontrolle auf eine antibiotische Therapie verzichtet werden.
In 4-10 % der Fälle einer unkomplizierten Divertikulitis kommt es zu bleibenden Beschwerden ("smoldering diverticulitis"), was eine Indikation für einen chirurgischen Elektiveingriff sein kann.[1]
Komplizierte Divertikulitis
Bei einer komplizierten Divertikulitis sollte stets eine antibiotische Therapie durchgeführt werden. Bei der Wahl des Antibiotikums sollte das vorhandene polymikrobielle Erregerspektrum berücksichtigt werden. Antibiotika, die hierfür angewandt werden, sind Cefuroxim oder Ciprofloxacin, jeweils in Kombination mit Metronidazol.[1]
Der Einsatz von Breitspektrumantibiotika sollte sowohl Anaerobier als auch gramnegative Keime abdecken.
Die komplizierte Divertikulitis stellt eine OP-Indikation dar. Je nach Befund wird
- notfallmäßig (z.B. bei freier Perforation oder Peritonitis),
- frühelektiv (nach einigen Tagen Antibiotikatherapie und Abklingen der akuten Beschwerden) oder
- elektiv (6 Wochen nach dem akuten Schub im freien Intervall) operiert.
Die Operation erfolgt minimalinvasiv oder durch konventionelle Laparotomie. Abszesse können zunächst interventionell mittels perkutaner Pigtaildrainage entlastet werden.
Nach Abklingen der Symptome wird zunächst eine ballaststoffarme Diät durchgeführt, die nach völliger Ausheilung wieder auf ballaststoffreiche Ernährung umgestellt wird. Körperliche Bewegung und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sind ebenfalls anzuraten.
Rezidivierende Divertikulitis
Bei rezidivierender unkomplizierter Divertikulitis wird die Indikation zur Sigmaresektion hauptsächlich vom Patienten selbst gestellt, abhängig von:
- der Schwere der Schübe
- vom Zeitintervall zwischen den Schüben
- der Behandelbarkeit
- der Beschwerdefreiheit im Intervall
Die Zahl der Schübe erhöht nicht das Risiko einer Komplikation und spielt daher für die Op-Indikation keine Rolle mehr. Allerdings muss nach mehreren stattgehabten Schüben davon ausgegangen werden, dass weitere Rezidive folgen werden und eine Heilung in der Regel nur durch eine Resektion zu erreichen ist.
Podcast
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 AWMF; Langfassung der Leitlinie "Divertikelkrankheit / Divertikulitis"; November 2021 – AWMF-Registernummer: 021-20
Bildquelle
- Bildquelle für Podcast: © Amelia Speight / Unsplash
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