Trichuriose (Schwein)
Synonyme: Trichuris suis-Infektion des Schweines, Peitschenwurmbefall des Schweines
Definition
Die Trichuriose des Schweines ist eine parasitär bedingte Erkrankung beim Schwein.
Erreger
Die Trichuriose wird durch Trichuris suis (Peitschenwurm des Schweines) verursacht.
Trichuris suis hat einen langen und dünnen Vorderkörper, der ca. 60 bis 70 % der Gesamtlänge ausmacht. Der Parasit besitzt eine kleine Mundöffnung und einen trichuroiden Ösophagus mit Stichozyten (große Drüsenzellen) auf. Der Hinterkörper ist dick und enthält die Verdauungs- und Genitalorgane. Die Männchen sind zwischen 36 und 55 mm lang und das Hinterende ist spiralig eingerollt. Sie besitzen ein Spiculum und die Spiculumscheide ist dicht bedornt sowie am distalen Ende glockenförmig erweitert. Die Weibchen sind 35 bis 61 mm lang und haben ihre Vulva im Bereich des hinteren Endes des Ösophagus.
Trichuris-Eier sind 47 - 71 x 27 - 34 µm groß, gelblich-braun geförmt und zitronenförmig. Sie weisen charakteristische Polpfröpfe auf und haben einen unsegmentierten Inhalt.
Beim Schwein sind Kreuzinfektionen mit Trichuris trichiura (Peitschenwurm des Menschen) möglich.
Vorkommen
Trichuris suis ist weltweit verbreitet. In intensiv geführten Schweinebetrieben kommt der Parasit jedoch nur sporadisch vor. In Biobetrieben findet man Trichuris suis öfter.
Entwicklung
Trichuris suis folgt einem homoxenen Lebenszyklus. Die adulten Parasiten leben im Caecum und im Colon. Ihr Vorderende ist dabei in der Schleimhaut verankert. Nachdem die Weibchen ihre Eier abgelegt haben, passieren diese den restlichen Darmtrakt und gelangen mit dem Kot an die Außenwelt. Dort embryonieren die Eier bei 34 °C frühestens nach 19 Tagen. Liegen die Temperaturen in einem niedrigeren Bereich, verzögert sich die Entwicklung erheblich (z.B. bei 20 °C dauert sie 102 Tage). In Abhängigkeit von der Jahreszeit dauert die Weiterentwicklung im Freien zwischen 60 und 90 Tage, wohingegen im Winter keine Entwicklung stattfindet.
Im Ei vollzieht sich die Entwicklung bis zur infektiösen Erstlarve (L1). Nachdem infektionsfähige Eier durch einen empfänglichen Wirt aufgenommen wurden, schlüpfen im distalen Dünndarm sowie im Caecum und Colon die Larven. Damit die Larven das Ei verlassen können, lösen sich beide Polpfröpfe auf, sodass durch eine der entstandenen Öffnung die Larve austreten kann. Im Caecum und Colon dringen die Larven dann über die Lieberkühn-Drüsen in die Lamina propria mucosae ein. Dort findet um den 10. Tag p.i. die Häutung zur Zweitlarve (L2) statt. Nach etwa 2 Wochen wandern die Larven zur Oberfläche der Schleimhaut zurück, um sich - mit dem Hinterkörper voran - allmählich in das Darmlumen einzuschieben. Während dieses Vorganges bleiben die Larven mit ihrem Vorderende stets in der Mukosa verankert. Nachdem drei weitere Häutungen vollzogen sind, entwickeln sich die Würmer zur Geschlechtsreife weiter. Die Präpatenz beträgt etwa 6 Wochen, wobei die Würmer im Schnitt 4 bis 5 Monate leben.
Epidemiologie
Trichuris suis-Eier sind äußerst widerstandsfähig. In feuchter Erde bleiben sie bis zu 11 Jahre infektiös. Wirkt jedoch direkte Sonnenstrahlung oder Trockenheit auf sie ein, sterben sie binnen kurzer Zeit ab. Aus diesem Grund sind v.a. feuchte und schattige Plätze eine ideale Infektionsquelle.
Da die Eier eine äußerst lange Entwicklungszeit aufweisen, bleiben Stallinfektionen trotz weiter Verbreitung im Allgemeinen geringgradig. Ein hochgradiger Befall ist ein deutliches Kennzeichen von mangelhafter Stallhygiene.
Pathogenese
Trichuris suis ist dazu befähigt direkt Blut aufzunehmen. Man geht davon aus, dass täglich ca. 5 µl Blut pro Peitschenwurm aufgenommen werden, was in Summe zu einem geringen direkten Blutverlust führen kann. Zusätzlich entstehende Schleimhauterosionen können ebenso zu einem Blutverlust führen, der in Summe eine Anämie bedingen kann.
Die bei starkem Trichuris-Befall auftretenden Schleimhautveränderungen sind vermutlich die Folge mechanischer Einwirkungen durch die Peitschenwürmer sowie immunologischer Reaktionen.
Klinik
Schwache Infektionen mit Trichuris suis verursachen meist nur geringfügige Darmläsionen und verlaufen daher meist asymptomatisch. Ein starker Befall führt zu einer katarrhalischen und hämorrhagischen Entzündung des befallenen Dickdarmabschnittes. Gleichzeitig können auch Teile der Schleimhaut durch diphtheroide Auflagerungen ersetzt sein. Im histologischen Schnittbild ist eine generalisierte Entzündung der Schleimhaut mit Gefäßerweiterung, Zellinfiltration, Geschwürbildung und exzessiver Schleimproduktion erkennbar. Stärkere Infektionen führen meist zu Inappetenz, Diarrhö mit dünnbreiigem, gelegentlich auch schleimig-blutigem Kot, verminderter Gewichtszunahme, geringere Futterverwertung, schlechter Allgemeinzustand und Tod.
Als besonders gefährlich gelten stark befallene Stallungen, die ohne vorherige Reinigung und Desinfektion mit Absatzferkeln belegt werden. Da junge Tiere im Alter von 2 bis 6 Monaten für die Infektion am anfälligsten sind, ist diese Altersgruppe besonders empfänglich für schwere Krankheitsverläufe. Im Gegensatz dazu weisen ältere Tiere eine Altersresistenz auf, da Trichuris suis eine ausgeprägte Immunität gegen Reinfektionen induziert.
Diagnose
Ein Nachweis der typischen zitronenförmigen und mit Polpfröpfen versehenen Eier erfolgt mittels koproskopischer Kotuntersuchung (Flotationsverfahren).
Therapie
Die Trichuriose kann mit verschiedenen Breitspektrum-Anthelmintika behandelt werden: Mebendazol (30 mg/kgKG p.o. über 5 Tage) und Flubendazol (30 ppm im Futter für 5 Tage) in der üblichen Dosierung bei mehrtägiger Applikation sowie Febantel und Fenbendazol (je 20 mg/kgKG) in erhöhter Dosierung.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Boch, Josef, Supperer, Rudolf. Veterinärmedizinische Parasitologie. 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey Verlag, 2005
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