Screening (Epidemiologie)
Definition
Der Begriff Screening umfasst in der Epidemiologie Vorsorgeuntersuchungen, die bei bestimmten Bevölkerungs- oder Risikogruppen durchgeführt werden, um Krankheiten frühzeitig zu erkennen oder die Prävalenz von Krankheiten in der Bevölkerung festzustellen.
Abgrenzung
Das epidemiologische Screening kann vom Screening eines Einzelpatienten, dem diagnostischen Screening, abgegrenzt werden. In der medizinischen Alltagssprache überlappen sich beide Bedeutungsebenen.
Ziele
Die Ziele des Screenings liegen in der Früherkennung von Krankheiten. Dadurch soll es zur Verbesserung der Lebensqualität und Verlängerung der Lebensdauer kommen. Ein Screening kann der Primärprävention, der Sekundärprävention oder dem Infektionsschutz dienen.
Voraussetzungen
Aus medizinökonomischen Gründen kann eine Bevölkerung nicht auf jede denkbare Krankheit gescreent werden. 1968 definierten Wilson und Jungner in einer WHO-Publikation zehn Entscheidungskriterien zur Überprüfung der Sinnhaftigkeit von Screening-Programmen. Diese sind leicht abgewandelt auch heute (2025) noch gültig.
Die Entscheidungskriterien sind:[1]
- Die Erkrankung sollte ein bedeutsames Gesundheitsproblem sein.
- Es sollte eine anerkannte Behandlung für Patienten mit dieser Krankheit geben.
- Einrichtungen für die Diagnose und Behandlung sollten vorhanden sein.
- Es sollte ein erkennbares latentes oder frühes symptomatisches Stadium vorhanden sein.
- Es sollte ein geeigneter Test oder eine geeignete Untersuchung zur Verfügung stehen.
- Der Test sollte für die Bevölkerung akzeptabel sein.
- Der natürliche Krankheitsverlauf, einschließlich der Entwicklung von der latenten zur manifestierten Krankheit, sollte hinreichend bekannt sein.
- Es sollte ein Konsens darüber bestehen, wer als Patient behandelt werden soll.
- Die Kosten der Fallfindung (einschließlich Diagnose und Behandlung der diagnostizierten Patienten) sollten im Verhältnis zu den möglichen Ausgaben für die medizinische Versorgung insgesamt wirtschaftlich ausgewogen sein.
- Die Fallfindung sollte ein kontinuierlicher Prozess sein und kein einmaliges Projekt.
Testverfahren
Die im Rahmen eines epidemiologischen Screenings eingesetzten Screening-Verfahren müssen eine hohe Sensitivität und Spezifität aufweisen, sie sollen also die gesuchte Erkrankung mit möglichst großer Sicherheit nachweisen oder ausschließen können. Des Weiteren soll der Test zeit- und kostengünstig sein. Ferner sollten die durchgeführten Maßnahmen eine möglichst geringe Belastung darstellen (z.B. geringe Strahlenbelastung).
In der Labormedizin besteht eine Problematik des Screenings darin, dass bei niedriger Vortestwahrscheinlichkeit auch Methoden mit guter Sensitivität und Spezifität eine vergleichsweise hohe Zahl an falsch-positiven Ergebnissen liefern.
Beispiele
Einige Beispiele für Screeninguntersuchungen sind:
- Neugeborenenscreening
- Hautkrebsscreening
- Brustkrebsscreening (Mammographie)
- Lungenkrebsscreening
- PAP-Abstrich beim Zervixkarzinom
- Bestimmung des PSA beim Prostatakarzinom
- Koloskopien oder Gastroskopien zur Früherkennung von Karzinomen des Verdauungstrakts (Ösophaguskarzinom, Magenkarzinom, Kolonkarzinom)
- iFOBT als Screening für das Kolonkarzinom
- Risikofaktorenscreening für kardiovaskuläre Erkrankungen
- Messung des Augeninnendruckes zur Erkennung eines Glaukoms
- Visuelles Screening (kampimetrisch, perimetrisch) zur funktionellen Überprüfung des Gesichtsfelds
- MRSA-Screening
- Infektiologisches Screening bei Blutspendern
Zu beachten ist, dass die GKV nur die Kosten für bestimmte Screeninguntersuchungen übernimmt.
Quelle
- ↑ Wilson und Jungner. Principles and practice of screening for disease. World Health Organization. 1968