Schlafmittelvergiftung
Definition
Bei einer Schlafmittelvergiftung handelt es sich um eine toxische Dosis an eingenommenem Schlafmittel.
Ursachen
Die Ursache einer Schlafmittelvergiftung ist meist eine vom Betroffenen bewusst eingenommene Überdosis an Medikamenten. Es kann sich um einen Suizidversuch oder einen Parasuizid handeln. Akzidentelle Überdosierungen sind seltener. Exakte epidemiologische Daten fehlen.
Arzneistoffe
Derzeit (2026) dominieren vor allem Benzodiazepine, Z-Substanzen und frei verkäufliche Präparate wie Diphenhydramin. Andere Substanzen, wie Barbiturate oder Chloralhydrat werden nur noch vergleichsweise selten verordnet. In einigen Fällen liegen auch Mischintoxikationen vor, z.B. mit Alkohol oder Opiaten.
Zu den Benzodiazepinen gehören Arzneistoffe wie Diazepam (Valium®), Lorazepam (Tavor®) oder Flunitrazepam (Rohypnol®), die normalerweise zur Beruhigung und Beseitigung von Angstzuständen oder Schlafstörungen verschrieben und eingesetzt werden. Eine längerfristige Einnahme dieser Medikamente kann in einer Abhängigkeit resultieren, die mit einem Alkoholabusus vergleichbar ist. Barbiturate wie Phenobarbital, die wie die Benzodiazepine zu den Psychopharmaka zählen, wirken auch sedierend und hypnotisch.
Symptome
Leichte bis moderate Vergiftung
Eine Überdosierung von Benzodiazepinen oder Barbituraten äußert sich meist in Form von Somnolenz, Gangunsicherheit, verwaschener Sprache und verlangsamtem Denken. Weitere Symptome sind Schwindel, Verwirrtheit und Nystagmus. Übelkeit und Erbrechen können als Begleiterscheinungen auftreten. Selten kommen paradoxe Reaktionen, wie Agitiertheit, Reizbarkeit oder Aggressivität, vor.
Schwere Vergiftung
Schwere Vergiftungen führen zu Sopor oder Bewusstlosigkeit. Da die vorgenannten Arzneistoffe teilweise stark atemdepressiv wirken, ist die Ateminsuffizienz das wichtigste Symptom, sodass der Betroffene letztendlich an einem Atemstillstand versterben kann. Ein erhöhtes Risiko dafür besteht bei Mischintoxikationen.
Zusätzlich kommt es zu einer Hypo- oder Areflexie, die Reaktion auf Schmerzreize ist herabgesetzt oder aufgehoben. Kardiovaskuläre Symptome wie Bradykardie und Hypotonie können ebenfalls vorliegen.
Im Vergleich zu Barbituraten ist die Wirkung der Benzodiazepine aufgrund der niedrigen Potenz schwächer, jedoch ebenfalls lebensgefährlich.
Eine Sonderstellung nehmen frei verkäufliche Präparate wie Diphenhydramin und andere Antihistaminika ein, die durch eine anticholinerge Wirkung gekennzeichnet sind. Sie lösen bei Überdosierung typischerweise Mydriasis, trockene Haut, Herzrhythmusstörungen, Halluzinationen und Bewusstseinsstörungen aus (anticholinerges Syndrom).
Red Flags
Warnhinweise, die ein zügiges therapeutisches Eingreifen erfordern, sind:
- Atemfrequenz < 10/min
- Unzureichende Spontanatmung
- Nicht weckbar, reagiert nicht auf Schmerzreiz
- Blauverfärbung der Lippen (Zyanose)
- Verdacht auf Mischintoxikation
Therapie
Die spezifische Therapie ist abhängig von der eingenommenen Substanz. Im Zweifelsfall sollte der Giftnotruf konsultiert werden. Grundsätzliche Maßnahmen umfassen das Sichern der Vitalfunktionen und eine intensivmedizinische Überwachung. Bei (progredienter) Bewusstseinsstörung muss eine Sicherung der Atemwege durch Notfallnarkose, Intubation und invasive Beatmung erfolgen. Liegt die Ingestion weniger als 1 Stunde zurück, kann die Gabe von Aktivkohle erwogen werden, im Einzelfall auch eine Magenspülung. Voraussetzung hierfür sind sicher erhaltene Schutzreflexe oder eine bereits erfolgte Atemwegssicherung.
Eine spezifische Antidot-Therapie ist je nach Intoxikation möglich. Benzodiazepine und auch Z-Substanzen (z.B. Zopiclon) können mit Flumazenil antagonisiert werden. Das anticholinerge Syndrom kann mit Physostigmin therapiert werden. Weitere Symptome bzw. Intoxikationen werden symptomatisch behandelt.
Literatur
- Zilker, Klinische Toxikologie für die Intensivmedizin. Noxen, Symptome, Therapie, Analytik, 2. Auflage, UNI-MED Science