Sauerstofftoxikose
Synonym: Sauerstoffvergiftung
Englisch: oxygen toxicity
Definition
Als Sauerstofftoxikose bezeichnet man die schädigende Wirkung von Sauerstoff (O2) auf den Körper. Sie tritt auf, wenn über einen längeren Zeitraum Sauerstoffkonzentrationen verabreicht werden, die über dem normalen atmosphärischen Partialdruck liegen. Die Toxikose kann verschiedene Körpersysteme beeinträchtigen, hauptsächlich jedoch das zentrale Nervensystem, die Lunge und die Augen.
Risikofaktoren
- Taucher in großer Tiefe (> 50 m), insbesondere unter Verwendung von Gasgemischen mit hohem Sauerstoffanteil (z.B. Nitrox).
- Patienten unter hyperbarer Sauerstofftherapie (HBOT)
- Intensivmedizinische Patienten, die eine Sauerstofftherapie mit erhöhter FiO2 benötigen, sind am stärksten gefährdet.
Pathophysiologie
Unter normalen Bedingungen ist Sauerstoff lebensnotwendig. In hohen Konzentrationen kann Sauerstoff vermehrt freie Radikale und reaktive Sauerstoffspezies (ROS) erzeugen, die Zellstrukturen, Lipide, Proteine und DNA schädigen können. Dieser oxidative Stress führt zur aseptischen Inflammation und zur Schädigung von Geweben und Organen. Symptome treten ab Sauerstoffpartialdrücken von über 160 kPa (1,6 bar) auf.
Klinik
Die klinische Manifestation wird auch als Paul-Bert-Effekt bezeichnet.
Bei längerer Exposition gegenüber hohem FiO2 kann es zu einer Inflammation und Schädigung der Alveolarmembran kommen, was als pulmonale Sauerstofftoxikose bezeichnet wird. Spätfolgen können ein Lungenödem oder eine Lungenfibrose sein.
Hohe Sauerstoffpartialdrücke können zu Krampfanfällen führen, die als zentrale Sauerstofftoxikose bezeichnet werden.
Eine langfristige Exposition gegenüber erhöhten Sauerstoffkonzentrationen kann zur Trübung der Augenlinse führen und das Risiko für eine Katarakt erhöhen. Bei Kleinkindern, insbesondere bei Frühgeborenen, kann eine Beatmung mit erhöhtem FiO2 zu einer Schädigung der Retina führen (Frühgeborenen-Retinopathie).
Therapie
Das Management der Sauerstofftoxikose besteht in der Reduzierung der Sauerstoffkonzentration.
Tauchen in großen Tiefen (> 50 m) sollte nur unter der Verwendung von Mischgasen mit reduziertem Sauerstoffpartialdruck (hypoxisches Gas) durchgeführt werden.
Prävention
Die Prävention besteht in der Minimierung der Sauerstoffexposition auf das niedrigste effektive Niveau und der Überwachung der Sauerstoffkonzentrationen (pO2), um eine Toxizität zu vermeiden.
Literatur
- Lettnin. Tauchen mit Mischgas: Theorie, Technik, Anwendung. Deutschland: Springer Berlin Heidelberg. 2013
- Hemgesberg. Lungenkrankheiten auf dem Vormarsch: "Wenn die Lunge streikt" - Das fatale Trio: Lungenemphysem - COPD - Asthma. Deutschland: neobooks Self-Publishing. 2014
- Maurer. Hyperbare Oxygenation und Tauchmedizin: Einführung in Geschichte, Physik, Wirkungsweise und Anwendung. Deutschland: Springer Fachmedien Wiesbaden. 2016
- Ellerbrok. Frühgeborenen-Retinopathie. Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten und Folgen. Deutschland: GRIN Verlag. 2020
- Brun et al. Handbuch technisches Tauchen: Nitrox, Trimix, Kreislaufgeräte, Wracktauchen, Höhlentauchen, Ausrüstung, Dekompressionsstrategie. Deutschland: Müller Rüschlikon. 2009
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