Otosklerose
Englisch: otosclerosis
Definition
Die Otosklerose ist eine mit überschießender Knochenbildung einhergehende Erkrankung des knöchernen Labyrinths mit Auswirkungen auf das Mittelohr und/oder das Innenohr.
Epidemiologie
Der Erkrankungsbeginn liegt meist zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr. Klinisch kommt die Erkrankung bei ca. 10 Fällen/100.000 Einwohner/Jahr vor. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Ätiopathogenese
Die Ätiologie der Otosklerose ist bisher (2023) noch nicht vollständig geklärt. Bei 25-50 % der Patienten handelt es sich um eine hereditäre Krankheit mit autosomal-dominantem Erbgang. Frauen sind doppelt so häufig betroffen, ein Einfluss der weiblichen Geschlechtshormone wird diskutiert. Vermutet wird auch eine Virusgenese (Nachweis von Masernvirusgenen in osteoklastischen und osteosklerotischen Bereichen) sowie ein Autoimmunprozess.
Das knöcherne Labyrinth wird - in der Regel beidseitig - herdförmig resorbiert und neugebildet. Hierbei kommt es zu einer zunehmenden Fixierung der Fußplatte des Stapes am ovalen Fenster (Fenestra vestibuli) und dadurch zu einer progredienten Schallleitungsschwerhörigkeit.
Das neugebildete Knochengewebe ist funktionell minderwertig und obliegt mit steigendem Alter der Patienten einer verstärkten Kalzifikation. Es handelt sich dabei um einen mehrphasigen, progressiven Knochenumbauprozess mit Sklerosierung des enchondralen Knochens der Labyrinthkapsel.
Lokalisation
Am häufigsten ist das knöcherne Labyrinth im Bereich des ovalen Fensters (Kommunikation zwischen Mittelohr und Innenohr) betroffen. Durch Umbau und Verknöcherungen in diesem Bereich kommt es zum Anwachsen des Stapes an das ovale Fenster (Stapesankylose). Die Funktion der Gehörknöchelchen wird dadurch beeinträchtigt.
Seltener ist der knöcherne Anteil der Cochlea betroffen. Die Sinneszellen des Innenohres werden dadurch in Mitleidenschaft gezogen. Die Homöostase von Peri- und Endolymphe wird nachhaltig gestört. Es entsteht eine Innenohrschwerhörigkeit.
Klinik
Eine Otosklerose führt zu einer Reihe von anamnestisch erfassbaren Symptomen:
- mit der Zeit zunehmende Schwerhörigkeit
- das Hörvermögen ist bei lärmender Umgebung besser als in Stille (Parakusis - tiefe Geräusche werden nicht wahrgenommen, Sprache besser)
- ein tiefes Ohrensausen (Tinnitus)
Des Weiteren kann ein positionsbedingter Schwindel auftreten.
Diagnostik
Im Rahmen der diagnostischen Untersuchungen lassen sich charakteristische Befunde erheben. Wegweisend ist die Schallleitungsschwerhörigkeit.
Das Tonaudiogramm zeigt im Frequenzbereich zwischen 1000 und 4000 Hz einen Hörverlust (Carhart-Senke). Bei der Durchführung der einfachen Hörtests ist der Rinne-Versuch im betroffenen Ohr negativ, im Weber-Versuch erfolgt eine Lateralisation zur betroffenen Seite hin.
Der Gellé-Versuch zur Prüfung der Beweglichkeit der Gehörknöchelchen ist negativ, bei der Impendanzprüfung ist der Stapediusreflex nicht auslösbar.
Die Otoskopie ist meist unauffällig. Eventuell ist ein Schwartze-Zeichen zu sehen, eine Hyperämie des Promontoriums und der ovalen Nische als Ausdruck eines floriden otospongiösen Prozesses.
Im Einzelfall ist eine Röntgenaufnahme nach Schüller sinnvoll. Hierbei sind keine Entzündungszeichen erkennbar.[1]
Beteiligung des Innenohrs
Eine Beteiligung des Innenohrs oder die ausschließliche Lokalisation der Otosklerose im Innenohr führt zur Innenohrschwerhörigkeit. Diese kann in Kombination mit der Schallleitungsschwerhörigkeit zu stark ausgeprägten pathologischen Befunden führen.
Therapie
Die Therapie der Otosklerose ist in der Regel operativ und wird in Form einer Stapesplastik (Eingriff der ersten Wahl) durchgeführt. Die Operation ist allerdings sinnlos, wenn das Innenohr im Rahmen eine Mitbeteiligung bereits funktionslos ist.
Alternativ können zur Verbesserung des Hörvermögens Hörgeräte eingesetzt werden.
Quellen
- ↑ Arnold et al. Checkliste HNO-Heilkunde, 4. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2005