NH3-PET/CT
Synonyme: 13NH3-PET, Kardio-PET-CT, Ammoniak-PET-CT, Ammoniak-Positronenemissionstomographie
Englisch: cardiac PET, 13N-ammonia perfusion imaging
Definition
Das 13NH3-PET/CT ist eine nuklearmedizinische Untersuchung zur quantitativen Bestimmung des myokardialen Blutflusses (MBF) und der myokardialen Flussreserve (MFR). Als Tracer kommt 13NH3 (Ammoniak) zum Einsatz, welches das radioaktive Stickstoffisotop 13 enthält.
Hintergrund
13NH3 muss aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit (etwa 10 min) in einem vor Ort befindlichen Zyklotron (mind. etwa 7,5 MeV) produziert werden.[1] Aufgrund seiner lipophilen Eigenschaften diffundiert das Ammoniak problemlos durch die Zellmembranen der Kardiomyozyten und wird dort von der Glutamat-Ammonium-Ligase zu Glutamin umgewandelt. Dieser Vorgang "fixiert" das radioaktive Ammoniak in der Zelle.
Je besser der jeweilige Gewebeabschnitt durchblutet ist, desto mehr Ammoniak reichert sich dort an. So lässt sich im Falle der Ruheuntersuchung eine Aussage über die Vitalität des Gewebes treffen, da abgestorbene Kardiomyozyten kein Ammoniak mehr speichern können. Im Falle der Belastungsuntersuchung kann die Perfusionssteigerung verglichen werden.
Ein nennenswerter Vorteil zur Myokardszintigraphie ist die durch das PET (im Gegensatz zum SPECT) bedingte, höhere Auflösung der Aufnahmen und eine dadurch bessere Darstellung kleinerer Perfusions- und Mikrozirkulationsstörungen. Zudem ermöglicht die 13NH3-PET/CT eine quantitative Perfusionsdarstellung. Im Myokardszintigramm kann dagegen nur die Perfusion verschiedener Abschnitte der Herzkammer im Vergleich zueinander dargestellt werden.
Vor der PET-Aufnahme wird eine CT-Aufnahme in gleicher Liegeposition durchgeführt. Dies ist zur Schwächungskorrektur ("attenuation correction") und zur korrekten anatomischen Darstellung notwendig.
Indikationen
Koronare Herzkrankheit
- Diagnostik einer funktionell relevanten KHK bzw. einer Progression
- Beurteilung der Funktion von Bypässen/Stents nach einer Revaskularisation
Vitalitätsdiagnostik
- myokardiale Vitalitätsdiagnostik mit vergleichsweise niedriger Strahlenbelastung (keine sichere Differenzierung zwischen Vernarbung und einer myokardialen Hibernation möglich)
Abgrenzung zur Myokardszintigraphie
Ein 13NH3-PET/CT wird der Myokardszintigraphie vorgezogen, wenn eine Quantifizierung des myokardialen Blutflusses und der myokardialen Flussreserve notwendig ist. Dies kann bei komplexen Mehrgefäßerkrankungen, Verdacht auf mikrovaskuläre Dysfunktionen oder Erkrankungen der Fall sein, die zu morphologischen Abnormalitäten führen (z.B. HCM). In der Myokardszintigraphie können diese Erkrankungen ein falsch-negatives oder ungenaues Resultat erbringen.
Durchführung
Generelles
Da die Untersuchung meist funktionell relevante Koronarstenosen aufdecken soll, wird oft zunächst eine Belastungsuntersuchung durchgeführt. Bei Patienten mit sehr niedriger Pumpfunktion (LVEF < 20 %) oder Kontraindikationen gegen die Gabe von Adenosin wird mit einer Ruheuntersuchung als Vitalitätsdiagnostik begonnen. Je nach Fragestellung und Zustand des Patienten kann auch gänzlich auf die Belastungsuntersuchung verzichtet werden.
Aufgrund der kurzen Halbwertszeit des Tracers kann jeweils die gleiche Dosis verwendet werden.
Patientenvorbereitung
Um eine Belastung mittels Adenosin zu ermöglichen, muss 12 bis 24 h vor der Untersuchung auf jegliche methylxanthinhaltige Produkte (z.B. Koffein) verzichtet werden. Am besten eignen sich ein leichtes Frühstück und Wasser. Zur zügigen Injektion des Tracers ist ein großvolumiger Zugang essenziell (mind. 96 ml/min = "grün", in nur in Ausnahmefällen 61 ml/min = "rosa").
Belastungsuntersuchung
Die Untersuchung erfolgt in Rückenlage. Die Belastung wird mittels spritzenpumpengesteuerter Infusion von 0,14 mg/kg KG/min[2] Adenosin über 6 min durchgeführt. Nach zumeist 120 s der Adenosin-Infusion wird 13NH3 händisch als Bolus mit hoher Geschwindigkeit injiziert und gleichzeitig der Aufnahmevorgang am PET/CT gestartet. Die Phase exakt zum Zeitpunkt und kurz nach der Injektion des Tracers ist die Anflutungsphase. Diese ist für die Quantifizierung der Perfusion essenziell. Die dabei entstehenden Aufnahmen werden meist als "dynamische Aufnahmen" bezeichnet.
Im Anschluss an die Anflutungsphase reichert sich das 13NH3 in den Kardiomyozyten an und es entstehen über mehrere Minuten die "statischen Aufnahmen"("Uptake-Bilder"). Diese werden in der Auswertung zur Konturfindung und Vitalitätsdiagnostik verwendet. Hierfür bleibt der Patient für etwa weitere 10 min im Gerät. Währenddessen werden auch die EKG-getriggerten Aufnahmen zum Errechnen der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) erstellt.
Um die Koronarwiderstände errechnen zu können, werden einmalig vor und alle 2 Minuten während der Belastung Blutdruck und Pulsfrequenz gemessen.
Zeigt sich in der Belastungsuntersuchung im Myokard der linken Herzkammer global eine regelrechte Belastungsperfusion (> 2,0 - 3,5 ml/min/g), ist eine Ruheuntersuchung nicht mehr notwendig. Wenn sich in der Belastungsuntersuchung einzelne Abschnitte mit einer inadäquaten Perfusionssteigerung darstellen, ist eine Ruheuntersuchung indiziert.
Ruheuntersuchung
Die Ruheuntersuchung erfolgt ohne Adenosin-Infusion. Zeitgleich zum 13NH3-Bolus wird die Aufnahme gestartet. Auch bei der Ruheuntersuchung ist die Anflutungsphase für die quantitative Bestimmung essenziell. Zudem erfolgt ebenfalls eine EKG-getriggerte Messung der linksventrikulären Ejektionsfraktion.
Interpretation
Sofern sich in der Belastungsuntersuchung eine regelrechte Perfusion und eine homogene Anreicherung des Tracers im gesamten Myokard zeigt, besteht kein Verdacht auf funktionell relevante Perfusionsstörungen oder Vernarbungen. Im Falle einer nicht-physiologischen Belastungsperfusion werden, nach Durchführung der Ruheuntersuchung, die Aufnahmen miteinander verglichen:
- Zeigen die Abschnitte, die in der Belastungsuntersuchung pathologisch erschienen, in der Ruheuntersuchung eine regelrechte Ruheperfusion und/oder eine ausreichende Traceranreicherung auf den statischen Aufnahmen, handelt es sich im betroffenen Myokardabschnitt um eine funktionell relevante Perfusionsstörung. Revaskularisierende Maßnahmen sind hier indiziert.
- Sofern die unter Belastung pathologisch erscheinenden Abschnitte auch auf den Ruheaufnahmen pathologisch erscheinen, handelt es sich am ehesten um Vernarbungen in Folge eines Myokardinfarkts.
- Wenn aufgrund der Anamnese und der Ergebnisse der quantitativen Auswertung Zweifel an Vernarbungen bestehen, kann ein FDG-PET zum Ausschluss hibernierenden Myokards durchgeführt werden.
- Wenn anamnestisch keine Zweifel an den Vernarbungen bestehen, ist die Untersuchung abgeschlossen.
Die errechnete LVEF in Ruhe und unter Belastung wird miteinander verglichen. Liegt die LVEF unter Belastung deutlich niedriger als in Ruhe, kann dies für eine Hypokinesie im Zuge einer Perfusionsstörung sprechen.
Bei der Interpretation der Perfusionswerte müssen die Vorerkrankungen des Patienten berücksichtigt werden: Bei Diabetikern oder Patienten mit vorbekannter/behandelter KHK werden höhere Gefäßwiderstände als physiologisch angesehen als bei anamnestisch gesunden Patienten.
Einschränkungen
Die 13NH3-PET/CT kann nicht sicher zwischen einer Vernarbung und einer myokardialen Hibernation unterscheiden. Eine myokardiale Hibernation würde, ähnlich wie in der Myokardszintigraphie, oft wie eine Vernarbung aussehen. Zur Differentialdiagnose ist bei Verdacht eine Vitalitätsuntersuchung mittels FDG-PET indiziert; hier stellt sich das hibernierende Myokard im Vergleich zum vitalen, regelrecht perfundierten Myokard mit einer erhöhten Traceraufnahme dar, da es aufgrund der Ruheperfusionsstörung zu einer anaeroben Glykolyse kommt.[3]
Da sich der Patient zur Gabe des Tracers regungslos im PET/CT befinden muss, ist eine ergometrische Belastung nicht möglich.
Quellen
- ↑ Dilsizian et al., ASNC imaging guidelines/SNMMI procedure standard for positron emission tomography (PET) nuclear cardiology procedures, Journal of Nuclear Cardiology, 2016
- ↑ Treuth et al., Tolerance and diagnostic accuracy of an abbreviated adenosine infusion for myocardial scintigraphy: a randomized, prospective study, Journal of Nuclear Cardiology, 2001
- ↑ Garcia et al, State of the Art: Imaging for Myocardial Viability: A Scientific Statement From the American Heart Association, AHA Journals, 2020