Mandibulahypoplasie
Synonym: mandibuläre Hypoplasie
Englisch: micrognathism, mandibular hypoplasia
Definition
Als Mandibulahypoplasie bezeichnet man eine angeborene oder erworbene Unterentwicklung des Unterkiefers. Sie kann zu funktionellen und ästhetischen Beeinträchtigungen führen und der Grund für eine erschwerte Intubation sein.
Ätiologie
Eine angeborene Mandibulahypoplasie kann unter anderem bei folgenden Syndromen auftreten:
- Apert-Syndrom
- Charlie-M-Syndrom
- Cornelia-de-Lange-Syndrom
- Crouzon-Syndrom
- Pierre-Robin-Syndrom
- Treacher-Collins-Syndrom
Eine erworbene Mandibulahypoplasie ist die Folge von Traumata, Infektionen oder Bestrahlungen während der Wachstumsphase des Unterkiefers.
Symptome
Eine Mandibulahypoplasie kann unilateral oder bilateral auftreten. Bei unitaleraler Hypoplasie kommt es zu einer seitlichen Abweichung des Kinns und zu einer asymmetrischen Gesichtsform. Eine bilaterale Hypoplasie führt zu einem verkürzten Untergesicht.
Unabhängig von der Ätiologie können Schwierigkeiten beim Kauen, Schlucken und Atmen bestehen. In schweren Fällen kann es durch die behinderte Nahrungsaufnahme zu Gedeihstörungen kommen. Auch eine Schlafapnoe ist möglich.
Diagnostik
Die Diagnose basiert auf einer klinischen Untersuchung und bildgebenden Verfahren, welche die Ausprägung der Kieferfehlbildung dokumentieren und mögliche Begleiterscheinungen beurteilen.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach Art und Umfang der Hypoplasie. Ihr Hauptziel ist die Wiederherstellung der Kaufunktion und die Verbesserung der Ästhetik. Oft ist eine chirurgische Korrektur der Kieferfehlstellung erforderlich (Orthognathe Chirurgie). Mögliche Therapieverfahren sind:
- Kallusdistraktion (Distraktionsosteogenese): Dieses Verfahren ermöglicht eine schrittweise Verlängerung des Unterkiefers durch kontrollierte Knochenneubildung. Es hat sich als effektive Methode erwiesen, um stabile und planbare Ergebnisse zu erzielen.
- Osteochondrale Transplantate: Hierbei werden Transplantate aus Knochen und/oder Knorpel verwendet, um den Unterkiefer zu rekonstruieren. Die Ergebnisse können variieren, da das Wachstum des Transplantats oft schwer vorhersehbar ist.
Prognose
Die Prognose hängt von der Ursache und dem Schweregrad der Hypoplasie sowie vom gewählten Behandlungsansatz ab. Eine frühzeitige Diagnose und individuell angepasste Therapiepläne sind entscheidend für ein optimales funktionelles und ästhetisches Ergebnis.
Literatur
- Kretz et al. Anästhesie und Intensivmedizin, Thieme Verlag, 2. Auflage, 1997