Linksherzhypertrophie
Synonym: Linksventrikuläre Hypertrophie
Englisch: left ventricular hypertrophy
Definition
Unter einer Linksherzhypertrophie versteht man eine Gewebevergrößerung (Hypertrophie), die das Myokard des linken Herzventrikels betrifft.
Ist der rechte Ventrikel betroffen, spricht man von einer Rechtsherzhypertrophie.
ICD-10-Code: I51.7
Nomenklatur
Der Begriff Hypertrophie stammt aus der Histopathologie und bezieht sich auf Gewebeveränderungen durch ein vermehrtes Zellvolumen. In der Kardiologie wird der Begriff "Hypertrophie" jedoch allgemein für Wandverdickungen verwendet.
Hintergrund
Eine Linksherzhypertrophie ist mit KHK, Herzinsuffizienz, zerebrovaskulären Erkrankungen und plötzlichem Herztod assoziiert. Eine Verminderung der linksventrikulären Hypertrophie geht mit einer Abnahme der Gesamtsterblichkeit und der kardialen Sterblichkeit einher. Daher ist die Diagnose einer Linksherzhypertrophie ein wichtiges prognostisches Kriterium zur Risikoeinstufung kardiovaskulärer Ereignisse.
Ursachen
Eine Linksherzhypertrophie entsteht vor allem durch vermehrte Arbeitsbelastung der Kammermuskulatur des linken Ventrikels. Es handelt sich also in den meisten Fällen um einen Adaptationsmechanismus. Eine physiologische Adaptation ohne systolische oder diastolische Funktionsstörung findet sich beim sogenannten Sportlerherz. Die Septumdicke beträgt in diesen Fällen meist < 13 mm.
Bei einer pathologischen Hypertrophie führt die überproportionale Zunahme der Wanddicke zu Störungen der Mikrozirkulation und konsekutiv zum kardialen Remodeling. Die Folge ist eine Abnahme der Compliance und eine gestörte diastolische Funktion. Ursächlich ist meist eine Erhöhung der Nachlast, z.B. bei arterieller Hypertonie oder Aortenklappenstenose.
Im Gegensatz zu den konzentrischen Hypertrophieformen kommt es bei der hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) zu einer asymmetrischen Hypertrophie, insbesondere im Septumbereich. Bei gleichzeitiger Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstraktes spricht man von einer hypertroph-obstruktiven Kardiomyopathie (HOCM). Es existieren auch konzentrische HCM-Formen.
Diagnose
EKG
Im EKG macht sich eine Linksherzhypertrophie durch folgende Veränderungen bemerkbar:
- Drehung der Herzachse nach links (Linkstyp, überdrehter Linkstyp)
- Sokolow-Lyon-Index ≥ 3,5 mV
- Lewis-Index ≥ 1,7 mV
- Verzögerung des oberen Umschlagspunktes in V6 auf ≥ 60 ms (gemessen vom Beginn des QRS-Komplexes bis zur Spitze von R)
- verzögerte R-Progression
Bei schweren Formen zeigen sich in den nach links gerichteten Ableitungen (I, aVL, V5, V6) zusätzlich:
- deszendierende ST-Senkung
- T-Inversion (zunächst präterminal, dann terminal)
- Zunahme der QRS-Dauer bis Linksschenkelblock
Bildgebung
- Röntgen-Thorax: als orientierende Untersuchung
- Echokardiografie
- Kardio-CT
- Kardio-MRT
Radiologische Kenngrößen der linksventrikulären Hypertrophie sind:
- Myokarddicke: basal anteroseptal und inferolateral gemessen
- < 12 mm: normal
- 12 - 15 mm: in erster Linie reaktiv
- 15 - 18 mm: vermutlich strukturelle Ursache
- > 18 mm: sicher strukturell
- maximale Myokarddicke und Lokalisation
- Myokardmasse (Volumetrie)
- Größe des linksventrikulären Kavums
- linksventrikuläre Funktionsparameter (Schlagvolumen, Ejektionsfraktion)
Normalerweise ist das Myokard basal am dicksten und verjüngt sich gleichmäßig in Richtung Apex.
Differenzialdiagnosen
Radiologisch muss eine echte Hypertrophie des Myokards von einer linksventrikulären Verdickung aufgrund von strukturellen Erkrankungen unterschieden werden. Dazu zählen:
- kardiale Manifestation einer AL- oder ATTR-Amyloidose
- Morbus Fabry
- exzessive Ödembildung z.B. bei Myokarditis oder infolge einer kardiotoxischen Chemotherapie
Therapie
Im Vordergrund steht die Therapie der auslösenden Ursache. Eine Blutdrucksenkung oder die Korrektur des auslösenden Klappendefekts kann eine Rückbildung der Hypertrophie bewirken.
Literatur
- Sinning C, Knappe D, Sinning J et al. Differenzialdiagnose der Linksherzhypertrophie. Aktuelle Kardiologie 2020; 9(01): 43 - 49. doi:10.1055/a-1016-8869
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