Kongenitaler Hydrozephalus (Hund)
Synonyme: angeborener Wasserkopf, angeborener Hydrozephalus
Definition
Als kongenitalen Hydrozephalus bezeichnet man eine angeborene Erweiterung der zerebralen Ventrikelsysteme (Ventriculi cerebri) beim Hund.
Vorkommen
Der kongenitale Hydrozephalus ist die häufigste Form der Großhirnmissbildung und kommt v.a. bei Zwergrassen (Chihuahua, Yorkshire Terrier, Pekinse) sowie brachyzephalen Rassen (Englische Bulldogge, Mops, Boston Terrier) vor.
Ätiologie
Beim angeborenen Hydrozephalus unterscheidet man zwischen folgenden drei Formen:
- obstruktiver nicht-kommunizierender Hydrozephalus
- kommunizierender Hydrozephalus
- obstruktiver Hydrocephalus internus
Pathogenese
Der obstruktive und der nicht-kommunizierende Hydrozephalus entstehen infolge einer Abflussstörung. Der kommunizierende Hydrozephalus hingegen entwickelt sich aufgrund einer gestörten Liquorresorption oder einer gesteigerten Liquorproduktion. In seltenen Fällen ist auch eine primäre oder sekundäre kortikozerebrale Atrophie für die Liquoransammlung verantwortlich.
Der obstruktive Hydrocephalus internus wiederum entsteht entweder durch Missbildungen oder durch eine Verlegung des Aquaeductus mesencephali. Selten kommt es auch zu Stenosen der Foramina zwischen dem Seiten- und dem 3. Ventrikel. Als Auslöser werden intrauterine Infektionen, Intoxikationen, Hypovitaminose A oder auch verschiedene rassespezifische Faktoren vermutet.
Durch den Liquorstau sammelt sich die Flüssigkeit kontinuierlich in den Ventrikeln an, sodass es zu einer Ausweitung und zur Ausbildung typischer Symptome kommt.
Klinik
Der kongenitale Hydrozephalus fällt v.a. durch einen unproportionierten und ballonförmig vergrößerten Schädel mit vorgewölbten Knochen auf. Die Suturen und Fontanellen sind häufig noch geöffnet und deutlich sichtbar. Aufgrund von Orbitaldeformationen leiden die Tiere an ventrolateralem Strabismus.
Klinisch manifeste Erkrankungen gehen mit Lernschwierigkeiten, Aggressivität, Seh- und Hörstörungen, Gangabnormitäten, Kopfschiefhaltung und/oder Anfällen einher. Die Symptome sind meist bereits in den ersten Lebensmonaten ausgebildet und verschlechtern sich progressiv. Betroffene Hunde bleiben in der Entwicklung häufig zurück. Milde Krankheitsfälle hingegen verlaufen oft asymptomatisch.
Differenzialdiagnosen
Die wichtigste Differenzialdiagnose ist der erworbene Hydrozephalus beim Welpen. Am erworbenen Hydrozephalus kann grundsätzlich jede Rasse zwischen der 6. Lebenswoche und dem 6. Lebensmonat erkranken. Meistens sind periventrikuläre Enzephalititden oder pränatale Infektionen bzw. Traumata Auslöser einer vermehrten Liquoransammlung.
Sehr seltene Differenzialdiagnosen sind Lissenzephalie sowie Hydranenzephalie.
Diagnose
Das klinische Bild ist meistens pathognomonisch. Mithilfe von bildgebenden Verfahren (z.B. Röntgen) können die typischen Veränderungen der Schädelknochen dargestellt werden. Parallel dazu sind mittels Ultraschalluntersuchung durch die offenen Fontanellen die erweiterten Liquorräume nachweisbar.
Alternativ ist auch eine Computertomographie oder eine MRT indiziert.
Therapie
Initial kann eine konservative Therapie mit Prednisolon (0,25 bis 0,5 mg/kgKG BID, anschließend nur noch jeden 2. Tag und dann ausschleichen) begonnen werden. Acetazolamid (10 mg/kgKG TID) hemmt ebenso die Liquorproduktion, senkt jedoch bei Dauergabe deutlich die Kaliumkonzentration im Serum. Alternativ ist Omeprazol indiziert.
Führt die konservative Therapie nicht zum gewünschten Erfolg, ist eine chirurgische Intervention notwendig. Hierfür stehen verschiedene Shunt-Systeme aus der Humanmedizin zur Verfügung.
Prognose
Klinische manifeste Erkrankungen bei Welpen unter 3 Lebensmonaten gehen mit einer schlechten Prognose einher. Zusätzliche Missbildungen (z.B. Hydromyelie) verschlechtern die Prognose deutlich.
Literatur
Niemand HG (Begr.). Suter PF, Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2012. Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke-Verlag in MVS Medizinverlag Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1125-3