Killerzell-Immunglobulin-ähnlicher Rezeptor
Synonym: Killer-cell immunoglobulin-like receptor
Englisch: killer-cell immunoglobulin-like receptor
Definition
Killerzell-Immunglobulin-ähnliche Rezeptoren, kurz KIRs, sind eine Gruppe von Transmembranrezeptoren, die auf der Oberfläche von natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) und bestimmten T- Lymphozyten vorkommen. Sie kommen sowohl als inhibitorische als auch als aktivierende Rezeptoren vor und sind entscheidend für die Immunantwort, da sie eine Rolle bei der Unterscheidung zwischen körpereigenen und fremden Zellen spielen.
Nomenklatur
Die Nomenklatur der KIR-Rezeptoren folgt einem bestimmten Schema: „KIR“ steht für den Rezeptortyp, gefolgt von einer Zahlenkombination, welche die Anzahl der Ig-Domänen angibt (z.B. KIR2DL1 für einen KIR mit zwei Ig-Domänen und inhibitorischer Funktion). Ein „L“ oder „S“ am Ende der Bezeichnung kennzeichnet, ob der KIR lang (long, meist inhibitorisch) oder kurz (short, meist aktivierend) ist.
Genetik
Der KIR-Genkomplex liegt auf dem Chromosom 19 am Genlokus 19q13.4 innerhalb des Leukozyten-Rezeptor Komplexes (LRC) und besteht aus 15–17 (Pseudo)Genen. Die Gene sind stark polymorph und tandemartig aufgebaut. Der Polymorphismus der KIR-Gene ist für die Diversität der KIR-Rezeptoren verantwortlich und beeinflusst die Immunantwort auf Infektionen und Tumoren.
Biochemie
Die KIR-Rezeptoren besitzen eine extrazelluläre Domäne, die mehrere Ig-like Domänen enthält (D1–D3), eine Transmembrandomäne und eine zytoplasmatische Domäne. Durch die Struktur der zytoplasmatischen Domäne wird entschieden, ob ein KIR aktivierend oder hemmend wirkt. Inhibierende KIRs besitzen Immunrezeptor-Tyrosin-basierte Inhibitionsmotive (ITIMs), die eine Dephosphorylierung bewirken. Aktivierende KIR sind an Adaptermoleküle mit Immunrezeptor-Tyrosin-basierten Aktivierungsmotiven (ITAMs) gekoppelt, was zu einer Phosphorylierung und Aktivierung führt.
Funktion
Die Funktion der KIRs basiert auf dem Ausgleich zwischen inhibitorischen und aktivierenden Signalen. Unter normalen Bedingungen interagiert ein KIR-Rezeptor auf der NK-Zelle mit einem MHC-I-Molekül (HLA-A, HLA-B, HLA-C) auf einer gesunden Zielzelle. Wenn das MHC-I-Molekül keine Infektion anzeigt, bleibt das Signal ausgeglichen, und die NK-Zelle bleibt inaktiv. Fehlt MHC-I aufgrund einer Virusinfektion oder einer malignen Transformation (z.B. „Missing-self“), wird das Gleichgewicht gestört, und die NK-Zelle wird aktiviert. Diese Aktivierung kann durch die Erkennung von stressinduzierenden Liganden auf der Zielzelle verstärkt werden, was als „Altered-self“ bezeichnet wird. Die Erkennung von „Missing-self“ und „Altered-self“ stellt sicher, dass infizierte oder entartete Zellen durch die NK-Zellen erkannt und eliminiert werden.
Klinik
KIRs spielen eine wesentliche Rolle in der Immunantwort gegen chronische Virusinfektionen, Tumoren und Autoimmunerkrankungen:
- Virale Infektionen: Einige Viren, wie HIV, HBV, HCV und CMV, manipulieren die MHC-I-Expression auf infizierten Zellen, um der Erkennung durch CD8+ T-Zellen zu entkommen. KIRs können die Immunantwort auf diese Viren beeinflussen, indem sie die Aktivierung von NK-Zellen modulieren.
- Tumorerkrankungen: Tumorzellen unterdrücken oft die MHC-I-Expression, um der Immunüberwachung zu entgehen. KIRs sind an der Aktivierung von NK-Zellen und T-Lymphozyten beteiligt, die Tumorzellen erkennen und zerstören. Die gezielte Downregulation von HLA-I-Molekülen auf Tumorzellen kann deren Immunevasion erleichtern.
- Autoimmunerkrankungen: Bei Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes, Myasthenia gravis, Hashimoto-Thyreoiditis und Multipler Sklerose kann die Fehlregulation der KIR-HLA-Interaktion zur Aktivierung von zytotoxischen T-Zellen beitragen. Hier spielt insbesondere die Interaktion von KIRs mit spezifischen HLA-C-Allelen eine Rolle.
Transplantationsmedizin
Die Interaktion zwischen KIRs auf NK-Zellen und HLA-I-Molekülen auf Zielzellen beeinflusst das Ergebnis von Transplantationen, insbesondere bei der allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSZT) und soliden Organtransplantationen. Ein Mismatch zwischen KIRs des Spenders und HLA-I des Empfängers kann das Risiko einer Abstoßung und das Graft-versus-Host-Disease (GvHD)-Risiko erhöhen, während es gleichzeitig die Graft-versus-Leukemia (GvL)-Effekte verstärken kann. Der GvL-Effekt ist besonders wichtig bei der Behandlung von Leukämien wie der akuten myeloischen Leukämie (AML), da er dazu beiträgt, Tumorzellen zu eliminieren, ohne das Risiko einer GvHD zu erhöhen.
Literatur
- Gardiner. Killer cell immunoglobulin-like receptors on NK cells: the how, where and why. International Journal of Immunogenetics. 2007
- Marsh et al. Killer-cell Immunoglobulin-like Receptor (KIR) Nomenclature Report. Human Immunology. 64(6):648-654. 2003