Geburtshilflicher Untersuchungsgang (Veterinärmedizin)
Definition
Der geburtshilfliche Untersuchungsgang ist ein in der Veterinärmedizin angewendetes und standardisiertes Untersuchungsschema, das zur Vorbeugung und Vermeidung von Geburtskomplikationen dient.
Ablauf
Der geburtshilfliche Untersuchungsgang gliedert sich in vier Abschnitte, die - je nach Fortschritt der Geburt - vom betreuenden Tierarzt durchgeführt werden müssen.
Anamnese
Aufgrund der medizinischen Dringlichkeit und der limitierten Untersuchungszeit ist der Vorbericht zunächst auf das Wesentliche zu beschränken. In den meisten Fällen erfolgt das Erheben der Anamnese bereits während der Untersuchung. Folgende Fragestellungen sind zu erfragen und zu dokumentieren:
- Seit wann ist das Tier in Geburt?
- Ist der Blasenspruch bereits erfolgt?
- Bisherige Wehentätigkeiten?
- Sind bereits Feten geboren?
- Wurde bereits Geburtshilfe geleistet?
- Wurden etwaige Medikamente verabreicht?
- Wie war der bisherige Verlauf der Trächtigkeit?
- Welcher Trächtigkeitstag liegt vor?
- Handelt es sich um eine Frühgeburt?
Allgemeine klinische Untersuchung
Da Geburtsprobleme fast immer Notfälle darstellen, wird die allgemeine klinische Untersuchung meist nur abgekürzt durchgeführt. Eine Untersuchung beschränkt sich daher nur auf das Erheben von Herz- und Kreislaufparameter, um den aktuellen Zustand des Muttertieres einschätzen zu können. Folgende Parameter müssen unbedingt erhoben werden:
Zusätzlich sollten die Schleimhäute (Lidbindehaut und Maulschleimhaut) und der Hydratationszustand beurteilt werden.
Befunde am Muttertier
Bevor die ersten geburtshiflichen Untersuchungen am Muttertier durchgeführt werden, müssen hygienische Bedingungen geschaffen werden. Der Schweif muss ausgebunden und die Genitalregion mit Wasser und Seife gewaschen werden.
Nach Reinigung und Desinfektion der Hände erfolgt mit Handschuhen und Gleitmitteln eine vaginale Inspektion Gleitmitteln. Anschließend wird bei speziellen Fragestellungen eine rektale Untersuchung durchgeführt, z.B. bei Verdacht auf eine Torsio uteri).
Die Befundung erfolgt je nach Größe des Muttertiers. Bei Stuten und Rindern wird die vaginale Exploration mit der Hand durchgeführt, bei Hündinnen und Katzen beschränkt sich die Untersuchung auf die abdominale Palpation, transabdominale Sonographie und vorsichtige Exploration des Geburtsweges mit sterilen Handschuhen und Gleitmittel. Allgemein werden folgende Befunde erhoben:
- Gleitfähigkeit des Geburtsweges
- Verletzungen im Geburtskanal
- Öffnung (vorläufiger Zustand) und Weite (Endzustand) des Geburtsweges
- Fruchtblasen (Blasensprung, Farbe, Konsistenz und Geruch)
Befunde am Fetus
Nachdem die Befunde am Muttertier erhoben wurden, werden am Fetus folgende Parameter bewertet:
- Lage (z.B. Vorder- oder Hinterendlage) Stellung (obere, untere oder seitliche Stellung) und Haltung (Streckung oder Beugung einzelner Körperteile) des Fetus
- fetale Lebenszeichen (Kronsaumreflex, Zwischenklauenreflex, Bulbusreflex u.ä. sowie über transabdominalen Ultraschall und EKG)
- absolute und relative Größe des Fetus
Literatur
- Baumgartner, Walter. Klinische Propädeutik der Haus- und Heimtiere. 8., aktualisierte Auflage. Enke-Verlag, 2014.
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