Forensische Psychiatrie
Englisch: forensic psychiatry
Definition
Die forensische Psychiatrie ist ein Teilgebiet der Psychiatrie und befasst sich mit der Begutachtung und der Therapie von psychisch kranken Rechtsbrechern oder mit Patienten, die unter Drogeneinfluss ein strafrechtlich relevantes Delikt begangen haben.
Aufgaben
Zu den Aufgaben der forensischen Psychiatrie gehört die gutachterliche Beurteilung der Schuldunfähigkeit oder Teilschuldfähigkeit eines Rechtsbrechers, sowie die Unterbringung desselben im Maßregelvollzug. Die Aufenthaltsdauer im Maßregelvollzug hängt von der Therapiebereitschaft, der Therapiefähigkeit und letztendlich vom Gutachten bzw. der Einschätzung des behandelnden Psychiaters und des Pflegepersonals sowie von der Entscheidung des Richters ab.
Rechtsrahmen
- § 126a StPO - Untersuchungshaft: Begeht ein psychisch Kranker oder Suchtkranker unter Drogeneinfluss ein Delikt, so bleibt dieser bis zur Gerichtsverhandlung in der Forensischen Psychiatrie
- § 63 StGB - Hier erfolgt die forensische Unterbringung unter der Rechtsgrundlage, dass der Patient im Rahmen seiner psychischen Erkrankung ein Delikt begangen hat. Ein Abbruch der forensischen Therapie ist nicht möglich.
- § 64 StGB - Er erfasst Patienten mit einem Delikt unter Drogeneinfluss, die ebenfalls forensisch therapiert werden. Alle Patienten, die nach § 64 untergebracht sind, können einen "Therapieabbruch" beantragen und statt dessen ihre entsprechende Haftstrafe antreten. Hier steht das Motto "Therapie statt Strafe" im Hintergrund. Möchte ein suchtkranker Rechtsbrecher nicht therapiert werden, erfolgt somit die Strafe in Form von Haft.
- § 66 StGB - Sicherungsverwahrung. Bei schweren Delikten oder auch wiederholt schweren Delikten, kann innerhalb der Gerichtsverhandlung die Sicherungsverwahrung angeordnet werden. Diese kann jedoch nicht mehr im Nachhinein vergeben werden, nur noch direkt in der Hauptgerichtsverhandlung, da einige Betroffene dagegen klagten und das Verfassungsgericht entschied, dass nachträglich keine Sicherungsverwahrung mehr möglich ist.
Krankheitsbilder im Rahmen der forensischen Psychiatrie
Schizophrenie
Persönlichkeitsstörungen
- Borderline-Persönlichkeitsstörung
- Dissoziale Persönlichkeitsstörung
- Kombinierte Persönlichkeitsstörung
- Narzisstische Persönlichkeitsstörung
- Schizotype Persönlichkeitsstörung
Suchtkrankheiten
Therapieformen
Forensischer Stationsalltag
Im Hochsicherheitstrakt einer forensisch-psychiatrischen Station steht die Sicherheit der Mitarbeiter im Vordergrund. Das Pflegepersonal erhält im Regelfall spezielle Schulungen und Fortbildungen, um für den Stationsalltag gewappnet zu sein. Jeder Mitarbeiter trägt eine Personennotrufanlage (PNA), mit der ein Alarm ausgelöst werden kann. Innerhalb kurzer Zeit können der forensische Sicherheitsdienst und Pflegekräfte der Nachbarstationen zu Hilfe eilen.
Angehörige des Pflegepersonals können eine Unterweisung der Polizei als Erstsprecher wahrnehmen, um in der Lage zu sein, bis zum Eintreffen der Sicherheitskräfte kritische Situationen (z.B. eine Geiselnahme) zu überbrücken.
Die Station und die Höfe der Abteilung für forensische Psychiatrie werden per Kamera überwacht. Vor den eigentlichen Mauern und vor Arealen, die Patienten nicht betreten dürfen, gibt es oftmals Markierungen. Wenn diese übertreten werden, folgt ein sofortiger Alarm an die Pforte und an das Personal. Einige Zimmer, so genannte Kriseninterventionsräume (KIR) oder -bereiche (KIB), sind zusätzlich mit Schleusen versehen. Die Forensische Psychiatrie ist einer der wenigen Orte, bei der die Pflegekräfte zur Sicherstellung Handschellen benutzen darf, um den Patienten z.B. zu einem Konsil oder beim Freigang zu begleiten.
Trotz der strikten Sicherheitsmaßnahmen wird im Rahmen der Pflege versucht, Vertrauen aufzubauen und die Patienten zu Therapien zu motivieren. Die Sicherstellung einer regelmäßigen Psychopharmakaeinnahme gehört ebenso zum Bereich der Pflege, wie der Schutz der Therapeuten und etwaiger Besucher (u.a. Richter).
Weiterbildung
Psychiater können die Schwerpunktbezeichnung "Forensische Psychiatrie" führen, wenn sie die von der Ärztekammer vorgeschriebenen Bedingungen erfüllen. Die Weiterbildungszeit dafür beträgt 36 Monate, davon können bis zu 12 Monate während der Facharztweiterbildung abgeleistet werden.
Pflegekräfte können sich durch eine zweijährige Weiterbildung zur Forensischen Fachpflegekraft qualifizieren.
Aufenthaltsdauer
Die Aufenthaltsdauer ist u.a. abhängig vom Krankheitsbild, von der Straftat und von der psychiatrischen Prognose.
Im Falle eines nach § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt untergebrachten, suchtkranken Patienten ist die Behandlungsdauer auf höchstens zwei Jahren befristet. Die Aufenthaltsdauer im Maßregelvollzug kann sich aber durch entsprechende Höchstfristberechnungen verschieben bzw. verlängern.
Schuldunfähige oder vermindert schuldfähige Straftäter, die aufgrund ihrer Erkrankung für die Allgemeinheit gefährlich sind und von denen weitere erhebliche Straftaten (z.B. Gewaltdelikte oder Sexualdelikte) zu erwarten sind, werden nach § 63 StGB unbefristet in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.
Davon abgegrenzt wird die einstweilige Unterbringung nach §126a StPO, die den Status einer Untersuchungshaft für psychisch Erkrankte hat.
um diese Funktion zu nutzen.