Kriseninterventionsraum
Synonyme: Weichzelle, Kriseninterventionsbereich (KIB), Krisenraum, "Gummizelle"
Englisch: padded cell, personal safety room
Definition
Ein Kriseninterventionsraum, kurz KIR, ist ein mit speziellen Sicherheitsvorkehrungen ausgestatteter Raum in psychiatrischen Einrichtungen, der zur Unterbringung von Patienten dient, die sich in einer akuten psychischen Krise befinden. Dazu zählen z.B. akut fremd- und/oder eigengefährdete Patienten oder Patienten, die als besonders gefährlich gelten.
Hintergrund
Krisenräume sind vor allem für geschlossene Psychiatrien und forensische Psychiatrien vorgesehen.
Auf geschützten Stationen handelt es sich am ehesten um gepolsterte, eventuell mit Schaumstoffen ausgekleidete Räume, in denen es für Patienten praktisch unmöglich ist, sich im Rahmen ihrer psychischen Erkrankung (z.B. einer Psychose) zu verletzen. Durch die Verfügbarkeit hochpotenter Sedativa und Neuroleptika sind allerdings viele Psychiatrien nicht mehr mit KIRs ausgestattet.
In der forensischen Psychiatrie werden Kriseninterventionsräume bei der Aufnahme von Patienten verwendet, um diese per Videoüberwachung rund um die Uhr beobachten und damit besser einschätzen zu können. Bei Patienten, bei denen es im Rahmen des Stationsalltags zu Gewalt gegenüber sich selbst, Mitpatienten oder Personal kam, kommen sie ebenso zum Einsatz.
Einrichtung
Kriseninterventionsräume sind meist mit Kameras ausgestattet, damit das Personal von ihrem Stützpunkt aus die Patienten beobachten kann. Ebenso haben die Räume im Normalfall eine Patientenrufanlage. Die Videoüberwachung muss ärztlich angeordnet werden.
Zur Minimaleinrichtung gehört in der Regel ein Waschbecken und eine Toilette (z.B. aus Metall). Gefährdende Utensilien und Steckdosen sind nicht vorhanden. Es gibt oft Vorräume (Schleusen) und doppelt gesicherte Türen mit einer Kostklappe und eventuell einem verschließbaren Sichtfenster. Patienten halten sich im Raum ohne Zwangsjacke oder Handschellen auf. Es sind jedoch oft Fixierungsmatratzen vorhanden, um im Bedarfsfall eine schnelle Fixierung gewährleisten zu können.
Die Mahlzeiten werden über die Kostklappe verabreicht. Die Patienten dürfen oft nicht mehr als einen Löffel nutzen.
Indikationen
Eine Unterbringung im Kriseninterventionsraum muss ärztlich angeordnet werden und ist unteranderem indiziert bei:
- Exazerbation von Psychosen
- Eigengefährdung
- Fremdgefährdung
- nicht kontrollierbarer Aggressivität oder Impulsivität
- Patienten, die kaum einschätzbar und anamnestisch für z.B. raptusartige Übergriffe bekannt sind.
Auswirkungen
Welche Auswirkungen ein Aufenthalt in einem KIR auf den Patienten hat, ist von der Persönlichkeit des Patienten, vom Krankheitsbild und von der Aufenthaltsdauer abhängig.
Bei einigen Patienten führt die Deprivation und der Mangel an Reizen zu einem reduzierten Allgemeinzustand und eventuell zu einer Verschlimmerung der vorherrschenden Symptome - es kommt zu einem psychischen Hospitalismus kommen.
Bei Patienten, die Probleme bei der Verarbeitung von Stimuli haben, kann es hingegen zu einer Art "Erholung" kommen. Die Patienten kommen sozusagen zur Ruhe - Aggressivität, Impulsivität und Nervosität vermindern sich.
Pflege
Die Beobachtung, Dokumentation, Medikamenten- und Essensausgabe sowie eventuelle Freigänge (dann meist in Handschellen und mit mehreren Pflegekräften) gehören zur Aufgabe der Pflegekräfte. Sollte der Patient dennoch gefährdet sein (z.B. durch einen Herzinfarkt oder durch einen Suizidversuch (Strangulieren an Kleidung o.ä.), muss die Pflege intervenieren.
Für Pflegende kann ein in dieser Form abgesonderter Patient sehr belastend sein. Zum einen bindet die Videoüberwachung Ressourcen, zum anderen handelt es sich häufig um sehr kranke, schwer zu handhabende Patienten, die oft alles in ihrer Macht stehende versuchen, um den Raum zu verlassen oder das Personal dazu zu bewegen, den Raum zu betreten (Gewalt, Vortäuschen von Krankheiten, Verschlucken von Gegenständen etc.).
Rechtsgrundlage
Die Absonderung eines Patienten in einen KIR ist als Sicherungsmaßnahme durch das Maßregelvollzugsgesetz legitimiert. Das Einleiten und die regelmäßige Verlängerung (alle 24 Stunden) dieser Maßnahme muss über ärztliche Anordnungen erfolgen.