Hospitalismus
Synonyme: Separationssyndrom, emotionales Frustrationssyndrom, Krankenhaus-Koller
Englisch: hospitalism, anaclitic depression
Definition
Als Hospitalismus oder Deprivationssyndrom bezeichnet man körperliche und psychische Symptome, die durch mangelnde soziale oder therapeutische Zuwendung verursacht werden. Man unterscheidet zwischen psychischem und physischem Hospitalismus.
Ursachen
Die gravierendste Form sozialer Deprivation ist die mangelnde Zuwendung der Eltern in der frühen Kindheit. Weitere mögliche Ursachen sind lange stationäre Krankenhausaufenthalte, Unterbringung in Kinderheimen bzw. Altersheimen oder Inhaftierung (v.a. Isolationshaft).
Physischer Hospitalismus
Darunter versteht man alle körperlichen Auswirkungen falscher Lagerung und fehlender pflegerischer Maßnahmen. Dazu zählen:
- Atrophie der Muskulatur
- Thrombose
- Obstipation
- Dekubitus
- Kontrakturen
- Dehydration, Exsikkose
- Mangelernährung
- Verminderung der Beweglichkeit
Psychischer Hospitalismus
Als psychischer Hospitalismus werden psychische Störungsbilder bezeichnet, die im Rahmen von mangelnder Zuwendung, Kommunikation und Mitgestaltung im Rahmen eines längeren stationären Aufenthaltes auftreten. Psychischer Hospitalismus trat früher vor allem in Kinderheimen auf, wo die Kinder zwar physisch versorgt werden, jedoch kaum persönliche Zuwendung erfuhren. Immer häufiger treten Hospitalismuserscheinungen heutzutage jedoch in Altenheimen auf. Es kommt zu folgenden Erscheinungen:
- Stereotype Bewegungen (Schaukeln, Wippen)
- Reizbarkeit, Feindseligkeit
- Depressionen
- Angststörungen
- Einnässen, Einkoten
- Nahrungsverweigerung
- Autoagression
- sprachliche, emotionale und soziale Entwicklungsverzögerung
- Lernschwierigkeiten
- Bindungsstörungen
- verringerte kognitive Leistungsfähigkeit
- soziale Phobie
Durch diese Erkenntnisse kann dem Hospitalismus heute auf vielen Kinderstationen entgegengewirkt werden: Die Räume werden kindgerecht gestaltet, die Eltern zum häufigen Besuch ermutigt, und die Krankenpflege achtet auf regelmäßigen persönlichen Kontakt mit den kleinen Patienten. In Altenheimen sollte die Pflege alles tun, um der Reizarmut der Patienten entgegenzuwirken. So soll den Patienten Radio, Zeitungen oder Fernsehen angeboten und durch Spiel- und Gesprächsrunden der Alltag aufgelockert werden.
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