FIBTEM
Definition
FIBTEM ist ein viskoelastischer Gerinnungstest der Rotationsthrombelastometrie (ROTEM®), der die Festigkeit des Fibringerinnsels unabhängig von der Thrombozytenfunktion misst. Er kommt z.B. zur perioperativen Blutungsdiagnostik, bei Patienten mit Trauma bzw. Polytrauma oder einer schweren peripartalen Blutung zum Einsatz.
Hintergrund
Die Blutgerinnung umfasst primäre Hämostase, sekundäre Hämostase und Fibrinolyse; traditionelle Tests wie PTZ, aPTT und Thrombozytenzahl erfassen nur Teilaspekte, während viskoelastische Tests wie ROTEM oder TEG dynamische Informationen über Gerinnungsinitiierung, -stabilität und -auflösung liefern.
FIBTEM ist ein firmenspezifisches ROTEM-Protokoll, bei dem die Thrombozytenfunktion pharmakologisch mit Cytochalasin D blockiert wird. Dadurch spiegelt die gemessene Gerinnung ausschließlich die Aktivität von Fibrinogen und plasmatischen Gerinnungsfaktoren wider, unabhängig von der Thrombozytenfunktion.
Klinisch dient der FIBTEM vor allem der schnellen Erkennung eines Fibrinogenmangels, insbesondere in Situationen wie Massenblutungen, kardiopulmonalem Bypass oder Leberchirurgie bzw. -erkrankungen. Die frühzeitige Detektion einer Fibrinogenmangel-bedingten Koagulopathie ermöglicht eine zielgerichtete Substitution mit Fibrinogenkonzentraten, wodurch die Transfusionsstrategie optimiert und Blutverluste reduziert werden können.
ROTEM® und die damit gemessenen Parameter sind Markennamen der Fa. Pentapharm, keine allgemeinen medizinischen Begriffe.
Methodik
- Probenmaterial: Vollblut, frisch entnommen in Citrat-Röhrchen
- Gerinnungsauslösung: Aktivierung über Ex-TEM-Reagenz (Tissue Factor)
- Thrombozytenhemmung: Cytochalasin D blockiert die Thrombozytenaggregation
- Messparameter:
- A5, A10 (Amplitude 5 und 10 Minuten nach CT), MCF (Maximum Clot Firmness): Maß für die Festigkeit des Fibrin-Polymers
- CT (Clotting Time): Zeit bis zum Beginn der Gerinnung (gering relevant bei FIBTEM)
Referenzwerte
| Parameter | Normbereich (Erwachsene) |
|---|---|
| FIBTEM A5 | > 8 mm |
| FIBTEM MCF | 8–25 mm |
| CT (Clot-Time) | 40–80 s (gering relevant) |
Hinweis: Referenzwerte sind häufig vom Messverfahren abhängig und können von den o.a. Werten abweichen. Ausschlaggebend sind die Referenzwerte, die vom Labor angegeben werden, das die Untersuchung durchführt.
Interpretation
Reduzierte FIBTEM-MCF/A5:
Erhöhte FIBTEM-MCF:
- Hyperfibrinogenämie
- Postoperative oder entzündliche Reaktivierung der Hämostase
Klinische Bedeutung
FIBTEM ist ein Point-of-Care-Test in der Akut- und perioperativen Medizin. Er ermöglicht die Erkennung fibrinogenbedingter Blutungsneigungen und eine Einschätzung des thromboembolischen Risikos bei Hyperkoagulabilität.
FIBTEM-Werte werden häufig zusammen mit EXTEM- oder INTEM-Parametern interpretiert, um Thrombozyten- und Fibrinbeitrag getrennt zu beurteilen.
Literatur
- Görlinger, et al. The role of evidence-based algorithms for rotational thromboelastometry-guided bleeding management. Anaesthesia 2019
- Wikkelso A, et al. Thromboelastography (TEG®) or thromboelastometry (ROTEM®) to monitor haemostatic treatment versus usual care in bleeding patients. Cochrane Database Syst Rev. 2016
- Kietaibl et al. Management of severe peri-operative bleeding: Guidelines from the European Society of Anaesthesiology and Intensive Care: Second update 2022. Eur J Anaesthesiol. 2022 (AWMF S3-Leitlinie)
- Moore, et al. Fibrinolysis shutdown in trauma: historical review and clinical implications. Anesth Analg. 2019