Euglykäme Ketoazidose
Englisch: euglycemic ketoacidosis
Definition
Die euglykäme Ketoazidose, kurz EKA, ist eine metabolische Azidose mit erhöhten Ketonkörpern in Blut und Urin, jedoch ohne ausgeprägte Hyperglykämie. Der Blutglukosespiegel liegt häufig unter 250 mg/dL.[1] Dadurch unterscheidet sich die EKA von der "klassischen" diabetischen Ketoazidose (DKA). Die EKA tritt vorwiegend bei Patienten auf, die SGLT2-Inhibitoren (SGLT2i) einnehmen.
Pathogenese
SGLT2-Inhibitoren stimulieren die Ketogenese. In katabolen Situationen wie Entzündungen, Dehydrierung, längerer Nüchternperiode oder einer Low-Carb-Diät, kommt es unter Einnahme dieser Arzneistoffe zu einen Kohlenhydratdefizit. Treiber der Ketoazidose sind die vermehrte Rückresorption von Ketonkörpern und eine vermehrte Glukagon-Sekretion, deren genaue Ursache unklar ist.[2] Durch das erhöhte Glukagon/Insulin-Verhältnis kommt es zu einer gesteigerten Lipolyse. Es entstehen vermehrt freie Fettsäuren und Ketonkörper. Acetessigsäure und β-Hydroxybutyrat sind starke organische Säuren – dadurch kann der Säure-Basen-Haushalt in Richtung einer Azidose entgleisen.
Symptome
Wie bei der DKA kommt es zu Nausea und Erbrechen sowie zu einem reduzierten Allgemeinzustand. In schweren Fällen können Krampfanfälle, Koma und ein Hirnödem auftreten. Die Erkrankung ist potenziell lebensbedrohlich.
Risikogruppen
Ein erhöhtes Risiko wurde bei Patienten mit LADA-Diabetes, Typ-1-Diabetes und bei einem BMI < 25 kg/m2 unter SGLT2i-Einnahme beobachtet. Bei Typ-1-Diabetes sind SGLT2-Inhibitoren aus diesem Grund kontraindiziert.
SGLT2-Inhibitoren sind sogenannte "Sick-Day-Off-Drugs" und sollten bei akuten Erkrankungen, sowie bei Fastenperioden vorsichtshalber pausiert werden.
Therapie
Der Blutzucker sollte durch eine gleichzeitige Insulin- und Glukosegabe zunächst auf leicht erhöhten Werten gehalten werden, um den intrazellulären Glukosebedarf zu decken und die Ketogenese zu unterbrechen. Der Volumenmangel wird durch balancierte Elektrolytlösungen ausgeglichen. Hierbei sind insbesondere das Risiko von Hypokaliämien sowie eine verminderte Volumentoleranz bei herz- und/oder nierenkranken Patienten zu beachten, da SGLT2i vor allem bei diesem Patientengut häufig eingesetzt werden. Bei ausgeprägten Azidosen kann Natriumbikarbonat indiziert sein.
Quellen
- ↑ Wachter H, von Loeffelholz C, Thomas-Rüddel DO, Bargenda S, Birkenfeld AL, Bauer M, Ehler J. [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC11076387/ Lebensbedrohliche euglykämische Ketoacidose unter Therapie mit Empagliflozin beim kardiochirurgischen Patienten: seltener Einzelfall oder zukünftig ein häufiges Problem? Anaesthesiologie. 2024 May;73(5):336-339. German. doi: 10.1007/s00101-024-01406-4. Epub 2024 Apr 18. PMID: 38635034; PMCID: PMC11076387.
- ↑ Chae H, Augustin R, Gatineau E, Mayoux E, Bensellam M, Antoine N, Khattab F, Lai BK, Brusa D, Stierstorfer B, Klein H, Singh B, Ruiz L, Pieper M, Mark M, Herrera PL, Gribble FM, Reimann F, Wojtusciszyn A, Broca C, Rita N, Piemonti L, Gilon P. SGLT2 is not expressed in pancreatic α- and β-cells, and its inhibition does not directly affect glucagon and insulin secretion in rodents and humans. Mol Metab. 2020 Dec;42:101071. doi: 10.1016/j.molmet.2020.101071. Epub 2020 Sep 5. PMID: 32896668; PMCID: PMC7554656.
Literatur
- Daniela Kampmeyer, Friedhelm Sayk: Euglykäme Ketoazidose – ein Kolibri, der zur Taube werden könnte. Dtsch Med Wochenschr 2021; 146(19): 1265-1269 DOI: 10.1055/a-1332-3750