Einschlusskörpermyopathie mit Morbus Paget und frontotemporaler Demenz
Synonym: IBMPFD, Multisystemproteinopathie
Englisch: inclusion body myopathy with Paget disease of bone and frontotemporal dementia
Definition
Die Einschlusskörpermyopathie mit Morbus Paget und frontotemporaler Demenz, kurz IBMPFD, ist eine seltene, autosomal-dominant vererbte Multisystemerkrankung. Sie ist gekennzeichnet durch eine Kombination aus progredienter Myopathie, früh beginnendem Morbus Paget und/oder frontotemporaler Demenz.
Ätiologie
In den meisten Fällen verursachen pathogene Varianten im VCP-Gen die Erkrankung. Seltener sind Mutationen in den Genen HNRNPA1 und HNRNPA2B1 verantwortlich. Die Vererbung erfolgt autosomal-dominant. Bei etwa 80 % der betroffenen Patienten liegt die Erkrankung bereits bei einem Elternteil vor. Bei rund 20 % entsteht sie durch eine de-novo-Mutation. Kinder von Betroffenen haben ein 50%iges Risiko, die krankheitsverursachende Genveränderung zu erben.
Klinik
Die IBMPFD manifestiert sich typischerweise im Erwachsenenalter mit folgenden Hauptmerkmalen:
Myopathie
- progressive proximale und distale Muskelschwäche
- ähnelt häufig einem Gliedergürteldystrophie-Syndrom
- fortschreitend bis zu anderen Gliedmaßen und Atemmuskulatur
Morbus Paget (Osteodystrophia deformans)
- fokale Bereiche erhöhten Knochenumbaus
- Schmerzen in Wirbelsäule und/oder Hüfte
- lokale Deformierung und Hypertrophie langer Knochen
- pathologische Frakturen
Frontotemporale Demenz
- Frühstadium: Dysnomie, Dyskalkulie, Verständnisdefizite, Paraphasien, minimale Beeinträchtigung des episodischen Gedächtnisses
- Spätstadium: Alexie, Agraphie, Unfähigkeit zu sprechen, Hörverständnisdefizite selbst für Ein-Schritt-Anweisungen
Das durchschnittliche Alter bei Diagnosestellung der Myopathie und des Morbus Paget beträgt 42 Jahre. Die frontotemporale Demenz (FTD) manifestiert sich im Durchschnitt mit 56 Jahren.
Diagnostik
Die Diagnose von IBMPFD wird bei Vorliegen typischer klinischer Befunde und dem molekulargenetischen Nachweis einer heterozygoten pathogenen Variante in HNRNPA1, HNRNPA2B1 oder VCP gestellt.
Therapie
Eine kausale Therapie ist derzeit (2025) nicht bekannt. Im Vordergrund stehen die symptomatische Behandlung von Beschwerden und das regelmäßige Screening hinsichtlich Begleiterkrankungen und Krankheitsverlauf.
Symptomatische Therapie
- Gewichtskontrolle zur Vermeidung von Adipositas
- Physiotherapie zur Förderung der Mobilität und Verhinderung von Kontrakturen
- Mechanische Hilfsmittel (z.B. Orthesen, Rollator) zum Mobilitätserhalt
- Chirurgische Korrektureingriffe bei Fußdeformitäten oder Skoliose
- Atemhilfen bei Bedarf
- Bisphosphonate zur Behandlung von Schmerzen und Funktionseinschränkungen bei Morbus Paget
- Psychosoziale Unterstützung
- Betreutes Wohnen und/oder Pflegeunterstützung
Screening
- EKG und Echokardiographie zur Detektion einer Kardiomyopathie
- Lungenfunktionstests
- Überwachung des Morbus Paget durch Skelett-Röntgen, Skelettszintigraphie und Bestimmung der alkalischen Phosphatase
- Neurokognitive Beurteilung zur Evaluation der frontotemporalen Demenz
Quellen
- Kimonis, V.: Inclusion Body Myopathy with Paget Disease of Bone and/or Frontotemporal Dementia, Gene Reviews, 2007
- Watts, G et al.: Inclusion body myopathy associated with Paget disease of bone and frontotemporal dementia is caused by mutant valosin-containing protein. Nat Genet. 2004
- Kim, H et al.: Mutations in prion-like domains in hnRNPA2B1 and hnRNPA1 cause multisystem proteinopathy and ALS. Nature. 2013