Osteodystrophia deformans
Synonyme: Morbus Paget, Osteitis deformans (obsolet)
Englisch: Paget's disease, Paget's disease of bone
Definition
Die Osteodystrophia deformans, auch als Morbus Paget bezeichnet, ist eine herdförmig (selten generalisiert) auftretende Knochenerkrankung, die mit einem pathologisch gesteigerten Knochenumbau einhergeht. Es wechseln sich Episoden erhöhter Osteoklastentätigkeit mit Phasen überschießender Osteoblastentätigkeit ab. Der Knochenabbau ist in der Regel subkortikal, der folgende Knochenanbau findet hingegen am Periost statt. Endergebnis ist ein Knochen mit gestörter Architektur und eingeschränkter Belastbarkeit.
ICD10-Codes
- M88.-: Osteodystrophia deformans
- M88.0: Osteodystrophia deformans der Schädelknochen
- M88.8: Osteodystrophia deformans sonstiger Knochen
- M88.9: Osteodystrophia deformans, nicht näher bezeichnet
Epidemiologie
Die Osteodystrophia deformans tritt sehr selten vor dem 40. Lebensjahr auf, der Altersgipfel liegt bei 60 Jahren. Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Pathogenese
Bei Entdeckung im Jahr 1882 wurde die Osteodystrophia deformans als entzündliche Erkrankung (daher Osteitis) gedeutet. Diese Ansicht wurde in den folgenden Jahrzehnten verlassen. Neue Erkenntnisse sprechen jedoch für einen Virus als Auslöser der Erkrankung.
Aus Osteoklasten von betroffenen Patienten konnten Partikel isoliert werden, die Bestandteilen eines Paramyxovirus entsprechen. Weitere experimentelle Befunde zeigen, dass durch Infektion von Osteoklasten mit entsprechenden Viren eine gesteigerte Resorptionskapazität resultiert. Jedoch konnten bisher keine Viren aus dem Knochen der Betroffenen isoliert werden.
Die allgemein am meisten akzeptierte, jedoch nicht ausreichend bewiesene Theorie zur Entstehung des Morbus Paget ist daher die einer Slow-Virus-Infektion, d.h. die Infektion mit einem Virus führt über Jahre und Jahrzehnte zur Manifestation der Erkrankung.
Klinik
Eindrucksvolles Zeichen einer symptomatischen Osteodystrophia deformans ist die Verformung der Knochen, die auch von außen sichtbar ist. Manche Patienten erwähnen beiläufig, dass ihre Hüte nicht mehr passen (Umbau der Schädelknochen).
Dazu kommen lokale Schmerzen in den betroffenen Knochen, Überwärmung betroffener Areale durch Gefäßneubildung, Varikosis und Muskelverspannungen infolge einer Fehlbelastung. Betroffene Patienten neigen zu spontanen Frakturen.
Durch die erhöhte Aktivität der Osteoblasten ist die Alkalische Phosphatase (AP) erhöht. Im Urin ist durch die vermehrte Osteoklastenaktivität ein erhöhter Gehalt der Aminosäure Hydroxyprolin (Bestandteil des Kollagens) nachzuweisen.
1-5 % der von einer Osteodystrophia deformans betroffenen Knochen entarten zu einem Osteosarkom.
Prädilektionsstellen
Prädilektionsstellen der Osteodystrophia deformans sind:
Diagnose
Die Diagnose erfolgt in der Regel durch ein Röntgenbild. Typisch sind grobsträhnige Verdichtungen des Knochens mit unscharfer Konturierung. In Nähe osteolytischer Herde ist der Markraum eingeengt und die Kortikalis verdickt. Die Wirbel erscheinen als sogenannte Paget-Wirbel. Bei Befall des Schädels kommt es zum sogenannten Cotton-Wool-Schädel mit einer Verdickung der inneren und äußeren Kortikalis, einer Erweiterung der Diploe und plumpen, atypischen Trabekeln.
Der erhöhte Knochenumbau kann auch durch eine Szintigraphie nachgewiesen werden. Bei asymptomatischen Patienten weist oft eine erhöhte Alkalische Phosphatase auf den Morbus Paget (CAVE: Lebererkrankungen) hin.
Differentialdiagnose
Differentialdiagnostisch sind in Betracht zu ziehen:
Therapie
Die Aktivität der Osteoklasten kann durch Calcitonin und Bisphosphonate gehemmt werden. Zur Linderung der Knochenschmerzen können Analgetika (z.B. NSAR) gegeben werden. Zur vorübergehenden Entlastung der Knochen können orthopädische Gehhilfen nützlich sein. Der Krankheitsverlauf kann durch eine Physiotherapie positiv beeinflusst werden.
Operative Maßnahmen (Osteotomie, Gelenkersatz) können bei stark frakturgefährdeten Knochen in Erwägung gezogen werden.
um diese Funktion zu nutzen.