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Selbstverletzendes Verhalten

(Weitergeleitet von Autoaggressives Verhalten)

Synonyme: SVV, autoaggressives Verhalten, Autoaggression
Englisch: self-harm(SH), self-injury

1. Definition

Mit dem Begriff selbstverletzendes Verhalten, kurz SVV, beschreibt man eine Gruppe von Verhaltensstörungen, bei denen sich betroffene Menschen absichtlich Verletzungen bzw. Wunden zufügen, wie z.B. das Schlagen des Kopfes gegen eine Wand, oder das Aufschneiden der Haut mit scharfen Gegenständen (Ritzen).

2. Klinik

Meist sind die Verletzungen nur oberflächlich - die verbreiteteste Form des selbstverletzenden Verhaltens ist das so genannte "Ritzen". Andere Formen des selbstverletzenden Verhaltens sind das Haareausreißen (Trichotillomanie), Schlagen mit den Fäusten, bis Hämatome entstehen, Verbrennungen mit Zigaretten sowie Wangen- oder Lippenbeißen. Seltener werden mit Hilfe stumpfer Gegenstände dem eigenem Körper Schäden in Form von Knochenbrüchen beigebracht. Die Abgrenzung zu Parafunktionen und destruktiven habituellen Handlungen (z.B. Nägelkauen, Wangenkauen) lässt sich in der Regel durch die Intensität der Verletzung treffen.

Bei autoaggressivem Verhalten spüren viele Betroffene keinen Schmerz, ja sogar eine Art Glücksgefühl. Betroffene schildern dieses Gefühl häufig als Erleichterung oder Beruhigung. Diese emotionale Reaktion kann dazu führen, dass sich die Verhaltensstörung verstärkt, ähnlich wie bei einer Abhängigkeit. Grundlage dafür ist die Ausschüttung von Endorphinen im Gehirn - je öfter eine Verletzung stattfindet, desto heftiger muss sie werden, um das gewünschte Gefühl zu erreichen. Das führt dazu, dass sich Betroffene im Verlauf der Erkrankung immer tiefere Wunden zufügen.

Verletzungen, die nicht bewusst herbeigeführt werden, aber indirekt aus dem eigenen Verhalten entstehen, z.B. Selbstverletzung nach Drogenkonsum, zählen nicht explizit zu den Selbstverletzungen. Das gleiche gilt für Selbstverletzungen die sporadisch aus Impulshandlungen resultieren, wenn man z.B. aus Wut gegen eine Wand schlägt.

3. Ursachen

Selbstverletzendes Verhalten kommt im Rahmen verschiedener psychischer Störungen vor, u.a. bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen, Depressionen, Essstörungen (Anorexia nervosa), Zwangsstörungen, Lesch-Nyhan-Syndrom, Deprivationen, Münchhausen-Syndrom, Körperintegritätsidentitätsstörungen oder Psychosen. Verletzungen, die bizarr erscheinen oder bei denen der Entstehungsmechanismus nicht nachvollziehbar ist, sollten konsiliarisch mit der Fragestellung nach einer Selbstverletzung geklärt werden.[1]

4. Therapie

Selbstverletzendes Verhalten wird durch Psychotherapie behandelt. Die Therapiekonzepte können tiefenpsychologisch, psychoanalytisch oder verhaltenstherapeutisch ausgerichtet sein. Eine mögliche Therapieform ist die Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT). Sie inkludiert auch das Erlernen von Coping- bzw. Bewältigungsstrategien.

Bei vorhandener Psychose oder Depression ist ebenfalls eine Pharmakotherapie indiziert (z.B. mit SSRI).

5. Pflege

In psychiatrischen Einrichtungen untergebrachte Patienten sollten keinen Zugriff auf Utensilien haben, die eine Selbstverletzung ermöglichen (z.B. Messer, Klingen, Nägel etc.). Patienten, bei denen anamnestisch selbstverletzendes Verhalten vorkommt, sollten engmaschig überwacht werden. Es muss z.B. beobachtet werden, ob der Patient Besteck einsteckt oder einen entliehenen Rasierer wieder zurückbringt.

6. Quellen

  1. Straßburger, P., Váradi, G.: Traumatische Enukleation. Unfall oder Selbstverletzung? Ophthalmologe 2013, 110:451–454
Fachgebiete: Psychiatrie

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24.05.2024, 13:53
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