Akzelerierter idioventrikulärer Rhythmus
Synonyme: AIVR, beschleunigter Kammereigenrhythmus
Englisch: accelerated idioventricular rhythm
Definition
Ein akzelerierter idioventrikulärer Rhythmus, kurz AIVR, bezeichnet einen regelmäßigen ventrikulären Rhythmus mit einer Frequenz zwischen 50 und 125 /min. Er entsteht durch eine ektope Erregungsbildung im Ventrikel und ist hochfrequent bzw. übersteigt den Rhythmus des Sinusknotens.
Ätiologie
Es gibt viele Auslöser, die zu einem AIVR führen können. Es handelt sich zumeist um benigne und selbstlimitierende Rhythmen. Der häufigste Grund ist eine myokardiale Ischämie, besonders in Phasen der Reperfusion (z.B. im Rahmen einer Thrombolyse). Zu den weiteren Ursachen gehören u.a.:
- erhöhte Vagotonie mit gleichzeitig erniedrigtem Sympathikotonus
- funktionsgestörte ventrikuläre Schrittmacher
- Elektrolytstörungen
- Intoxikationen mit Kokain oder Digitalis-Präparaten
- Einnahme von Betasympathomimetika (z.B. Isoprenalin)
- Kardiomyopathie, kongenitale Herzerkrankungen oder auch Myokarditis
- ROSC
- Sportlerherz, durch den hier dominierenden hohen Vagotonus
EKG-Merkmale
Zugrunde liegt ein normaler Rhythmus, der plötzlich seine Frequenz (i.d.R. zwischen 50 bis 110/min) und Morphologie verändert. Des Weiteren ist dieser Rhythmus durch mindestens drei ventrikuläre Komplexe (Fusion und/oder Capture Beats) gekennzeichnet, die den normalen Rhythmus unterbrechen. Der QRS-Komplex ist deutlich verbreitert (> 120 Millisekunden).
Differentialdiagnose
- Eine Frequenz kleiner 50/min spricht eher für einen Kammerersatzrhythmus.
- Eine Frequenz größer 110/min spricht eher für eine ventrikuläre Tachykardie.
Therapie
Meist ist eine AIVR selbstlimitierend, wenn der Sinusknoten die ektope Reizbildung wieder überholt. Ansonsten ist die Behandlung der auslösenden Ursache zielführend, etwa die Behebung der Myokardischämie, ein Ausgleich der Elektrolyte oder die Gabe von Antidoten bei Intoxikation.
Eine Therapie mit Antiarrhythmika sollte vermieden werden, weil es dadurch zu einer hämodynamischen Instabilität kommen kann.
Bei Patienten mit einem defizienten Herzzeitvolumen kann man versuchen, die Frequenz des Sinusrhythmus sowie die atrioventrikuläre Überleitung zu triggern, zum Beispiel durch Atropin.
Quellen
- Klinge R et al: Das Elektrokardiogramm. 10., aktualisierte und erweiterte Auflage, 2015. Thieme Verlag. doi:10.1055/b-003-124639
- Baenkler HW et al: Innere Medizin. 1. Auflage, 2001. Thieme Verlag
- Mewis C et al.: Kardiologie compact. 2. Auflage, 2006. Thieme Verlag