Carboanhydrase
Englisch: carbonic anhydrase
Definition
Die Carboanhydrasen, kurz CA, sind eine Enzymfamilie, welche die Umwandlung von Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O) in Bikarbonat- (HCO3-) und Wasserstoffionen (H+) und umgekehrt katalysieren. Sie gehören zur Enzymklasse 4.2.1.1. Beim Menschen kommen nur α-Carboanhydrasen (α-CAs) vor.
Hintergrund
Carboanhydrasen sind an zahlreichen physiologischen Prozessen beteiligt. Ihren Namen haben sie daher, dass sie die unbeständige Kohlensäure durch Wasserabspaltung (Dehydratisierung) in deren Anhydrid Kohlendioxid überführen.
Biochemie
Carboanhydrasen sind Proteine, die Zink als Cofaktor nutzen. Sie katalysieren die Reaktion:
Beim Menschen existieren mehr als 10 verschiedene Isoformen der α-Carbonahydrase, die systematisch mit römischen Zahlen nummeriert werden (CA-I, CA-II, CA-III usw.). Das Zinkion ist als aktives Zentrum für die eigentliche Aktivität des Enzyms verantwortlich. Es ist im Proteingerüst an drei von Histidin abgeleitete Imidazolreste gebunden. Die vierte Koordinationsstelle wird von einem Hydroxo-Liganden (OH-) besetzt. Das Zink der Carboanhydrasen ist daher tetrakoordiniert. In unmittelbarer Nähe befindet eine Tasche zur Aufnahme von CO2.
- 1. Schritt: Wasser lagert sich an das zweifach positive Zinkion an, sodass eine koordinierte OH--Gruppe entsteht. Ein Proton geht ab.
- 2. Schritt: CO2 wird in die dafür vorgesehene Tasche eingelagert.
- 3. Schritt: Das nukleophile Sauerstoffatom der OH--Gruppe greift das partiell elektrophile CO2-Molekül an, sodass HCO3- entsteht. Dabei agiert Zn2+ als Lewis-Säure.
- 4. Schritt: HCO3- wird im Austausch gegen ein Wassermolekül abgespalten. Das koordinierte Wassermolekül wird wieder zu einer OH--Gruppe deprotoniert, sodass der Zyklus erneut beginnen kann.
Physiologie
Atmung
Ca. 80 % des Kohlendioxids werden in den Erythrozyten mithilfe der Carboanhydrasen zu Bicarbonat und Protonen umgewandelt. HCO3- verlässt im Austausch mit Cl- die Erythrozyten sofort wieder. Dieser Vorgang wird auch als Hamburger-Shift bezeichnet.
Gastrointestinaltrakt
In den Belegzellen des Magen, wird Salzsäure sezerniert, welche auf Protonen angewiesen ist. Intrazellulär reagiert CO2 mit H2O in der uns schon bekannten Reaktion zu HCO3- und H+. Das Bicarbonat wird sogleich im mit einem Cl-/HCO3--Austauscher aus der Zelle befördert und das Chlorid und die H+-Ionen bilden im Magenlumen die Salzsäure.
Auch die Gangepithelzellen der Bauchspeicheldrüse exprimieren Carboanhydrase. Das Enzym dient hier einem entgegegesetzten chemischen Effekt wie in den Belegzellen. CO2 wird zwar ebenfalls zu HCO3- und H+ umgewandelt, anschließend jedoch nicht H+, sondern HCO3- in das Ganglumen sezerniert. Die H+-Ionen werden über basolaterale Na+/H+-Antiporter aus der Zelle entfernt.
Niere
In der renalen Säure/Base Regulation spielen Carboanhydrasen ebenfalls eine wichtige Rolle. Hier werden zuerst H+ im Austausch gegen Na+ in das Lumen des Tubulussystems sezerniert, welche dann im Lumen mit HCO3- Kohlensäure bilden. Die Kohlensäure wird am Bürstensaum der Tubuluszellen durch die Carboanhydrase IV in der bekannten Reaktion zu H2O und CO2 gespalten; letzteres diffundiert passiv in das Zellinnere.
In der Zelle läuft die Reaktion durch die Carboanhydrase II dann rückwärts ab, d.h. es bildet sich HCO3-, welches mit einem Na+-Symport basolateral aus der Zelle geschafft wird, und H+, welches wie zu Beginn in das Lumen transportiert wird.
Auge
Durch eine Carboanhydrase-katalysierte Reaktion wird das sog. Kammerwasser gebildet, welches für den Augeninnendruck verantwortlich ist.
Pharmakologie
Carboanhydrasen können durch so genannte Carboanhydrasehemmer spezifisch inhibiert werden. Bekanntester Wirkstoff ist das Acetazolamid, welches zu Methazolamid und Diclofenamid weiterentwickelt wurde.
um diese Funktion zu nutzen.