Diphenhydramin
Synonyme: DPH, DHM
Handelsnamen: Betadorm®, Hevert-Dorm®, u.v.m.
Definition
Diphenhydramin ist ein inverser Agonist am H1-Rezeptor und somit ein Antihistaminikum. Es wird vorwiegend als Antiemetikum und Sedativum eingesetzt.
Wirkmechanismus
Als inverser Agonist verdrängt Diphenhydramin Histamin von den H1-Rezeptoren, sodass diese nicht mehr aktiviert werden können. Dadurch wirkt es nicht nur antiallergisch, sondern auch antiemetisch, da in der Area postrema auch H1-Rezeptoren vorliegen und durch das Binden von Histamin normalerweise ein Brechreiz ausgelöst wird. Die hohe Affinität an Muscarinrezeptoren erklärt die zusätzliche anticholinerge Wirkung.
Pharmakokinetik
Diphenhydramin wird relativ gut und zügig aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert. Die orale Bioverfügbarkeit beträgt ca. 50 %. Die maximale Plasmakonzentration (cmax) wird nach 2 bis 3 h erreicht, die Wirkdauer liegt bei 4 bis 8 h.[1]
Diphenhydramin gelangt in das ZNS und wird auch in das restliche Gewebe gut verteilt. Aufgrund der lipophilen Struktur hat es ein hohes Verteilungsvolumen von 3,3 bis 6,8 L/kg.
Die Plasmahalbwertszeit von Diphenhydramin ist altersabhängig. Sie beträgt 5 h bei Kindern, 9 h bei Erwachsenen und 13,5 h bei geriatrischen Patienten. Der Wirkstoff wird vor allem über das Cytochrom P450-Enzym CYP2D6 durch N-Demethylierung verstoffwechselt und dann renal eliminiert.
Indikationen
Heutzutage sind in Deutschland vor allem Übelkeit, Erbrechen, Schlafstörungen und Unruhe geeignete Indikationen zur Verschreibung von Diphenhydramin. Der ursprüngliche Einsatz im Rahmen der Behandlung von Allergien kommt überwiegend in den USA vor. Jedoch kann es hierzulande als Notfallmedikament bei einem anaphylaktischen Schock verabreicht werden.
In den USA ist Diphenhydramin von der FDA zur symptomatischen Behandlung von Parkinson und extrapyramidal bedingten Dyskinesien zugelassen.[2]
Nebenwirkungen
- Müdigkeit, Somnolenz
- Mundtrockenheit
- Sehstörungen
- Halluzinationen bei Überdosierung
Aufgrund der ZNS-Gängigkeit und der anticholinergen Effekte sollte Diphenhydramin besonders bei älteren Patienten nur mit Vorsicht angewendet werden. Es besteht erhöhte Sturzgefahr, eine bestehende Demenz kann verschlechtert werden.
Die letale Dosis von Diphenhydramin wird mit 10 mg/kgKG bei Kindern und 40 mg/kgKG bei Erwachsenen angegeben.[3]
Wechselwirkungen
Interaktionen sind zu befürchten bei der gleichzeitigen Anwendung von Diphenhydramin mit folgenden Pharmaka:
- Pharmaka, die die QT-Zeit verlängern oder Hypokaliämie bewirken können
- zentral dämpfende Pharmaka und Alkohol -> verstärkte zentrale Dämpfung
- Antihypertensiva -> verstärkte Müdigkeit
- anticholinerge Pharmaka (z.B. Chlorprothixen, Clozapin, Levomepromazin, Perazin) -> verstärkt anticholinerge Effekte
- MAO-Hemmer -> Darmlähmung, Harnverhalt, Atemdepressionen
- CYP2D6-Inhibitoren (z.B. Fluoxetin, Metoprolol) -> erhöhte Plasmaspiegel und verlangsamter Abbau von Diphenhydramin
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff
- Long-QT-Syndrom
- Miktionsstörungen
- Engwinkelglaukom
- akutes Asthma bronchiale
- Epilepsie
- Schwangerschaft und Stillzeit
Eine gleichzeitige Einnahme von Anticholinergika, MAO-Hemmern oder Alkohol ist kontraindiziert, da dadurch die Wirkung sowie Nebenwirkungen von Diphenhydramin verstärkt werden.
Missbrauch
Die in Überdosierung halluzinogene Wirkung und seine leichte und legale Beschaffbarkeit machen Diphenhydramin in einschlägigen Kreisen teilweise als Rauschdroge beliebt. Dabei besteht jedoch stets das Risiko einer Intoxikation mit anticholinergen Effekten und zentraler Atemlähmung.
Verschreibungsstatus
In Deutschland wird Diphenhydramin in der Apotheke rezeptfrei abgegeben.
Quellen
- ↑ Fachinformation Vomex A (Diphenhydramin/8-Chlortheophyllin), abgerufen am 1.8.2022
- ↑ National Institute of Health der USA: Diphenhydramine , abgerufen am 15.01.2024
- ↑ Fachinformation Sediat® 50 mg Tabletten, abgerufen am 1.8.2022