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==Pharmakologie== | |||
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Aktuelle Version vom 21. März 2024, 10:10 Uhr
Englisch: nerve growth factor, NGF
Definition
Der Nervenwachstumsfaktor, kurz NGF, ist ein Wachstumsfaktor, der eine wichtige Rolle für die Differenzierung und das Überleben von Neuronen spielt. Er gehört zur Gruppe der Neurotrophine.
Biochemie
NGF ist unmittelbar nach der Expression ein 130 kDa schwerer Eiweißkomplex, der im Verhältnis 2:1:2 aus den 3 Proteinen alpha-NGF, beta-NGF und gamma-NGF aufgebaut ist. Diese Form des NGFs wird auch als proNGF adressiert. Die gamma-Untereinheit des Komplexes verhält sich als Serinprotease und spaltet das N-terminale Ende der beta-Untereinheit ab, was den Komplex in das funktionelle NGF verwandelt. Im engeren Sinn bezieht sich der Begriff "Nervenwachstumsfaktor" nur auf die 26 kDa schwere beta-Untereinheit, weil einzig sie als Signalmolekül agiert.
NGF wird mit relativ hoher Affinität durch die membranständige Tropomyosinrezeptorkinase A (TrkA) gebunden. Dies stimuliert eine antiapoptotisch wirksame Kaskade von Kinasen, deren zentrales Enzym die Proteinkinase B (PKB = AKT) ist. Darüber hinaus bindet NGF an den Low-affinity-NGF-Rezeptor (LNGFR/p75NTR).
Wirkungen
Wir der Name schon vermuten lässt, ist der Nervenwachstumsfaktor für das Wachstum, die Proliferation und das Überleben von Neuronen verantwortlich.
NGF regt in der Embryonalentwicklung die Aussprossungen von Neuronen an, die chemotaktisch den von Zielstrukturen ausgeschütteten Chemokinen folgen. Er sichert den Fortbestand neuronaler Verbindungen.
In vivo stabilisiert NGF in erster Linie bereits bestehende Synapsen. Bei Verletzungen des peripheren Nervengewebes bewirkt NGF ein Aussprossen des verletzten Neurons. Für das Überleben von sympathischen und sensiblen Neuronen ist NGF essentiell, da die Neuronen in die Apoptose eintreten, wenn das Protein fehlt.
Klinik
Die Rolle des Nervenwachstumsfaktor wurde in klinischen Studien bei verschiedenen neurologischen und psychiatrischen Krankheitsbildern evaluiert, unter anderem bei Morbus Alzheimer, Multipler Sklerose, Rett-Syndrom, Schizophrenie und Autismus.
Bei der Alzheimer-Erkrankung implantierte man Patienten z.B. genetisch veränderte Bindegewebszellen in das Gehirn, die vermehrt NGF exprimieren. Die Implantation führte zu einer Vergrößerung der benachbarten Nervenzellen und einer Aussprossung neuer Nervenzellfortsätze.[1] Die Bedeutung dieser anatomisch-pathologischen Veränderungen für die Gehirnfunktion bedarf allerdings weiterer Klärung.
Pharmakologie
Tanezumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper gegen den Nervenwachstumsfaktor. Er wird zur Behandlung von Schmerzen, vor allem bei der Arthrose, eingesetzt. Fasinumab ist ein weiterer monoklonaler Antikörper, der sich aktuell (2019) in klinischer Prüfung befindet.
Quellen
- ↑ Mark H. Tuszynski et al.: Nerve Growth Factor Gene Therapy Activation of Neuronal Responses in Alzheimer Disease JAMA Neurol. 2015;72(10):1139-1147. doi:10.1001/jamaneurol.2015.1807